NHOAH

Musikproduzent und DJ

von Portrait von Stella Thiele Stella Thiele
Veröffentlicht am 1. Juli 2015

Hallo NHOAH. Würdest Du uns etwas über dich erzählen? Wie bist du zum Musikmachen gekommen?

Ich erinnere mich schon in der ersten Klasse lernfreie Zeit bekommen zu haben, um in der Bibliothek auf Glockenspielen fürs Schulkonzert üben zu dürfen und das als einziger. Ziemlich schnell hab ich mein ganzes Geld für Singles ausgegeben und mir Paillettenhemden von meiner Oma nähen lassen. Mein Wille, auf der Tanzfläche den größten Eindruck zu machen, hat sich dann durch meine ganze Jugend gezogen. Die Schule zu beenden war eine Qual. Mein Abi hab ich irgendwann mal zwischen alten Zeitungen gefunden. Es war klar: ich will Musik machen. 

Was ist für Dich das Faszinierende an elektronischer Musik?

Die nahezu uferlosen Möglichkeiten Sounds zu kreieren. Die Exaktheit und das man als einzelner Mensch ein ganzes Orchester in den Händen hält. Seit ca. 2 Jahren hat das elektronische Musikmachen noch einmal einen Schub bekommen. Es gibt, gerade wenn man sich bereits auskennt und die technischen Features alle versteht, fantastische neue Klangwelten. Vieles habe ich mir Jahrezehnte gewünscht. Nun gehts. Hammer.

Du bist als Produzent von MIA. sehr erfolgreich. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen? Ist das Genre Elektropunk, als dessen Gründervater du zählst, auch in Zusammenarbeit mit MIA. entstanden?

Ein Produzentenfreund, Tom Weitemeier, hat mir so ungefähr 1998 eine seiner neuen Produktionen vorgespielt. Da sang ganz herrlich ein Mädchen im Hintergrund. Der Song gefiehl mir nicht so und ich sagte, warum machst du nicht was mit der Sängerin, die da so kurz im Hintergrund mitträllert? Da meinte er, er könne sie mir vorstellen, ihm sei sie zu sprunghaft, das macht ihn ganz nervös. (lacht) Ich hab sie dann kurz getroffen. Sie wirbelte 5 Minuten rein, sang und musste sofort weiter, und das als Schulmädchen. Das gefiehl mir. Tolle stimme, super Ernergie. Danach haben wir mit ihrer Band, die noch immer dieselbe ist, 3 Jahre Songs aufgenommen, bis der Weg sich auftat, der dann als Electropunk furore machte. Tatsächlich war ich grad am Ende meiner Weisheiten. Ich ging ja immer viel in Clubs. Damals kam viel 80s Electro zurück. Peaches und und und.  Ich habe dann einen Remix von "Factory City" gemacht und gedacht: Das möchte ich im Club hören. Zum Glück war auch die Band begeistert. Danach veränderte sich vieles.

Die Arbeit mit welchen Künstlern hat dich bisher am meisten inspiriert?

Da waren viele tolle Einflüsse. Da könnte ich Stunden berichten, aber Romy Haag zählt sicher dazu. Damals war ich zwanzig und sie hatte bereits die ganze Welt gesehen, mit David Bowie Zeit verbracht und besass einen eigenen Nachtclub. Von ihr zu lernen war eine große Ehre. Zurzeit ist TANGOWERK der musikalische Austausch, der mich fasziniert. Lulu Schmidt, Ina Viola, Hajo Rehm, Y3ARS, STAAB. Der Zirkel ist hochtalentiert und arbeitet mit einer Freiheit im Kopf, die zu Ergebnissen führt, die für mich wie ein grünes Flusstal nach einer Wüstendurchwanderung sind.

Du mischt und komponierst ganze Alben. Als Produzent bleibt man in der Öffentlichkeit jedoch häufig eher im Hintergrund. Was hat dich dazu bewogen, TANGOWERK an den Start zu bringen?

Einmal musikalischer Diktator zu sein, das Album des Lebens zu machen und nie wieder Musik zu machen, weil es nichts mehr zu sagen gibt. Als das Album fertig war, hielt die Depression weil alles vollbracht war, genau vier Wochen, dann hatte ich die nächste Idee. (lacht)

Wie unterscheidet sich deine Arbeit für TANGOWERK davon, für andere Künstler als Produzent und Mischer tätig zu sein?

Sie unterscheidet sich nicht und unterscheidet sich zu 100% - kein Künstler und kein Projekt ähnelt einem zweiten und wenn doch, empfehle ich nicht mit mir zu arbeiten. Wenn man sich gegenseitig begeistert ist der NHOAH glücklich.

Worum geht es in den Tracks auf dem neuen Album „Excess All Areas“? Wo hast du die Ideen und deine Inspiration hergenommen?

Hört doch mal "Alone with ourselves" und checkt Dr. Daniel Dahm, der den Text zu diesem Titel geschrieben hat. Es hat 1 1/2 Jahre gebraucht. Der Titel "Emergency" handelt von dem Verlorengehen im Drogenrausch. Wir haben das Video in einem Pflegeheim gedreht. Mit Darstellern, die alle 70-94 Jahre alt waren. Die wussten auch von anderen Räuschen zu berichten. Der Song entstand im Austausch mit Lulu Schmidt. Und "All+All" mit Ina Viola ist der Kampf im Inneren. Alle Songs drücken ein klares Verlangen nach Freiheit aus. Sich mit aller Kraft allen Zwängen zu wiedersetzen. Das kann bei mir zu einer pragmatischen Doktrin werden. Ich lese gerade John Lydons (Sänger der Sex Pistols) Biografie: "Anger is an energie". Da fühle ich mich sehr verbunden.

Wo, würdest du sagen, liegt der größte Unterschied, zwischen dem ersten Album und dem neuen?

"Excess all areas" ist nicht so opulent und rumst mal richtig über fette Soundsystems. (lächelt)

NHOAH

Wenn der Strom ausfällt, auf welches Instrument würdest du zuerst zurückgreifen, egal ob du es selber spielen kannst oder nicht?

Alles was mir in die Hände fällt und da ist ja immer noch die Stimme, das beste aller Instrumente.

Welches ist im Moment deine Lieblingsplatte?

Sisclosure - Hot since 82 - Netzradio: calm radio + housenation.uk + digital importet dupstep + glitch fm

Wenn die Welt morgen untergeht, wie würdest du deinen letzten Tag verbringen?

So wie ich das sehe, geht sie morgen nicht unter, der Mensch aber wird morgen schlimme Lebensbedingungen vorfinden, so wie er das Environment missbraucht. Tatsächlich denke ich beinahe täglich darüber nach wie ich meine Tage verbringe, um dieser Entwicklung entgegen zu wirken. Kurz: ich will sichtlich nicht nur noch einen Tag leben.

Du lebst in Berlin. Ein kleiner Insidertipp: Was sollte ich mir da auf keinen Fall entgehen lassen, wenn ich mal wieder in der Hauptstadt bin?

Sushi Ky und Bonanza Coffee Roasters in der Oderbergerstrasse.

Super, dann bedanke Ich mich für Interview, NHOAH, und viel Spaß auf dem zweiten Teil eurer Tour!

  • 15.01. - Hannover, Musikzentrum
  • 16.01. - Cottbus, Gladhouse
  • 21.01. - Frankfurt am Main, Zoom
  • 22.01. - Münster, Jovel Club
  • 23.01. - Leipzig, UT Connewitz
  • 28.01. - Mannheim, Alte Sellerie
  • 29.01. - Saarbrücken, JUZ
  • 30.01. - München, Ampere