Bundesamt plant Erhöhung des Grenzwerts für schädliches Pestizid in Äpfeln
Veröffentlicht am 26. September 2024
Aufgrund des feuchten Wetters in der Bodensee-Region sind viele Äpfel von Apfel-Schorf betroffen. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) will deshalb den Grenzwert für das Pestizid Folpet, das als wahrscheinlich krebserregend gilt, in Äpfeln und Birnen um das 20-fache erhöhen. Dabei stellt der Apfel-Schorf selbst keine Gefahr für die Gesundheit dar – das Pestizid Folpet hingegen schon.
Das Fungizid Folpet, das zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten wie Apfel-Schorf eingesetzt wird, ist akut toxisch und gilt als potenziell krebserregend sowie erbgutverändernd. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) plant nun, den EU-weiten Grenzwert von 0,3 Milligramm pro Kilogramm für Folpet-Rückstände in Kernobst vorübergehend auf 6 Milligramm pro Kilogramm zu erhöhen – also das 20-fache des bisherigen Wertes. Diese Erhöhung soll nur für die aktuelle Saison und ausschließlich in Deutschland gelten, um den Obstbauern in der Bodensee-Region zu helfen. Jeder dritte Apfel in Deutschland kommt vom Bodensee, und die Obstbauern, die Folpet verwenden, könnten ihre Ware dann nur noch in Deutschland verkaufen, da sie in anderen EU-Ländern nicht verkehrsfähig wäre.
Doch wie gefährlich ist Apfel-Schorf für die Gesundheit?
Apfel-Schorf ist vor allem ein optisches Problem. Äpfel mit Schorf können bedenkenlos verzehrt werden, da die Flecken keine gesundheitlichen Risiken bergen. Allerdings sind die Äpfel weniger lange haltbar, weil die betroffenen Stellen rissig werden können. Wenn die Schorfstellen unerwünscht sind, können diese einfach vor dem Verzehr entfernt werden.
Das größere Problem: Pestizidrückstände
Ein größeres Problem als ästhetische Mängel bei Obst ist die Belastung durch Pestizidrückstände. 2022 enthielten 23 % der europäischen Lebensmittel Mehrfachrückstände von bis zu 43 verschiedenen Pestiziden. Solche Pestizid-Cocktails können gesundheitliche Risiken bergen, da Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Wirkstoffen entstehen können. Diese Effekte werden durch die geltenden Grenzwerte nicht ausreichend berücksichtigt.
Pestizide wie Folpet schädigen aber nicht nur die menschliche Gesundheit, sondern auch das Ökosystem. Sie sind giftig für Insekten, Fische und andere Organismen und können das gesamte Nahrungsnetz beeinflussen. Notfallzulassungen und Grenzwerterhöhungen fördern den übermäßigen Einsatz solcher Chemikalien.
Statt kurzfristiger Notfallverordnungen müssen langfristige Lösungen in der Landwirtschaft entwickelt werden. Der Anbau von robusteren Apfelsorten, regelmäßiges Schneiden der Bäume und eine gute Belüftung sowie organische Düngemittel könnten den Einsatz von Pestiziden reduzieren. Auch der Lebensmittelhandel sollte mehr Flexibilität zeigen und Obst mit Schönheitsfehlern akzeptieren.
Durch die Klimakrise wird es in Zukunft immer wieder zu Extremwetter-Ereignissen kommen, die den Obst- und Gemüseanbau erschweren. Der alleinige Einsatz von Pestiziden kann hier keine Lösung sein; die Landwirtschaft muss sich nachhaltig anpassen.