Du bist, was Du likest - Facebook-Likes verraten mehr über Persönlichkeit, als Nutzern lieb ist

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 12. März 2013

Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, sexuelle und politische Ausrichtung, Geschlecht und sogar die anzunehmende Intelligenz. Das alles sind persönliche Eigenschaften, die man allein aus den Facebook-Likes einer Person mehr oder weniger sicher vorhersagen kann. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der University of Cambridge. 58.000 Facebook-Mitglieder haben Wissenschaftlern dafür die Informationen ihrer Facebook-Likes zur Verfügung gestellt. Das Ergebnis: Zu 95 % Sicherheit kann man die Hautfarbe bestimmen, zu 93 % das Geschlecht und zu 85 % die einfache politische Ausrichtung, also konservativ oder liberal. Auch bei Eigenschaften wie Homosexualität, Zigaretten- oder Alkoholkonsum und dem Familienstand sinkt die Treffsicherheit der Berechnungen nur sehr selten unter 70 %. Spiegel Online berichtet:

Um die Vorhersagen ihres Modells überprüfen zu können, nutzten die Forscher Fragebögen zur Persönlichkeit, die jeder der Studienteilnehmer ausfüllen musste. Teils griffen die Wissenschaftler dabei auch auf Informationen zurück, welche die Probanden selbst in ihren Facebook-Profilen hinterlegt hatten.

Bei dieser Versuchsreihe stellt sich dennoch die Frage nach dem Nutzen. Was jemand mag, verrät etwas über dessen Persönlichkeit. Das ist keine große Erkenntnis, sondern ein logisch zwingender Sachverhalt. Wenn man im Supermarkt Schokolade kauft, ist es ja auch wahrscheinlich, dass man vorhat, sie zu essen und somit Schokolade mag. Und wer Tampons und Lippenstift kauft, ist aller Wahrscheinlichkeit nach weiblich. Große Erkenntnisse, geschweige denn einen konkreten Nutzen, brachte die Studie also nicht. Zumal die Vorhersage der Intelligenz nur bei 39 % zutraf. Wer Justin Bieber oder RTL geliket hat, ist also nicht zwangsläufig grenzdebil, auch wenn die Vermutung nahe liegt. Und doch:

Bestimmte Like-Buttons erlaubten allerdings trotzdem zuverlässige Prognosen. Der "Colbert Report" beispielsweise [eine Nachrichtensatire; Anm. d. Red.] erwies sich als Indikator hoher Intelligenz. Klicks bei der Motorradmarke Harley Davidson oder der Parfümeriekette "Sephora" waren hingegen ein Hinweis auf geringere Intelligenz.

Somit kann einem die Studie also nichts aufzeigen, was man als Privatperson nicht ohnehin mit einem Klick auf das Profil herausgefunden hätte. PR-Agenturen und andere Nutzer von Facebook-Psychologie könnten aber dennoch durchaus Interesse an den Möglichkeiten haben - immerhin könnte man mit diesem Algorithmus ein relativ wahrscheinliches Profil erstellen, ohne jeden Nutzer einzeln einschätzen zu müssen. Mit anderen Worten: Man könnte gezielter potenzielle Käufer ansprechen. So landen dann zum Beispiel keine Pop-Ups für penisvergrößernde Pillen mehr auf den Seiten von Frauen. Und die „Singles bei Facebook“-Werbebanner muss man sich dann als Familienvater kurz vor der Silberhochzeit auch nicht mehr ansehen.