"Prince Avalanche" Filmkritik: Auf der Straße ins Nirgendwo

von Portrait von Juliane Hexelschneider Juliane Hexelschneider
Veröffentlicht am 27. November 2013

Strich – Pause – Strich – Pause. So sieht der Arbeitsalltag von Alvin und Lance aus. Die beiden sind Straßenarbeiter mitten im Nirgendwo, Texas. Das Jahr ist 1988 und ihre Aufgabe ist es nach verheerenden Waldbränden den gelben Mittelstreifen der Landstraße neu zu ziehen und Pfosten am Fahrbahnrand in die Erde zu hämmern. Abends zelten sie im Wald um am nächsten Tag wieder von vorne zu bringen.

Ein bisschen erinnert „Prince Avalanche“ an einen Road Trip Film, der kein richtiges Ziel hat. Die einzigen Protagonisten Alvin und Lance könnten dabei unterschiedlicher nicht sein. Alvin (Paul Rudd) ist verheiratet, geradlinig und davon überzeugt, dass ein echter Mann Fischen können muss. Er versucht Französisch zu lernen (im englischen Original ist es Deutsch) um am Ende des Arbeitseinsatzes mit seiner Freundin verreisen zu können. Lance (Emile Hirsch) lebt in den Tag hinein, nimmt die Arbeit nicht ernst und liest Comics um die Zeit bis zum Wochenende und der nächsten Party zu überbrücken. Notgedrungen muss Alvin die Gegenwart von Lance ertragen, denn dieser ist der Bruder seiner Freundin und Alvin fühlt sich ihm gegenüber verpflichtet.

Außer einem LKW-Fahrer der ihnen nach und nach immer mehr selbstgebrannten Schnaps anbietet und einer einsamen Frau die in ihrem niedergebrannten Haus nach einem Erinnerungsstück sucht, begegnet den beiden Protagonisten niemand. Der Film stellt subtile Bilder der Natur die sich langsam wieder erholt, der fast sinnlos erscheinenden Arbeit der beiden gegenüber. Mitten vor diesem Hintergrund näheren sich auch Alvin und Lance langsam an. Wo sie noch zu Beginn der Handlung aneinander vorbei reden, wenn sie überhaupt reden, entdecken sie nach und nach, dass sie mehr gemeinsam hatten als bisher gedacht. Lance führt bei weitem nicht das lockere Leben von dem er erzählt und auch Alvin muss bald einsehen, dass seine Beziehung zu seiner Freundin eher einseitig ist.

"Prince Avalanche" Filmkritik: Auf der Straße ins Nirgendwo

Regisseur David Gordon Green, der bisher eher durch Judd-Appatow-ähnliche Komödien wie „Bad Sitter“ oder „Ananas Express“ bekannt wurde, schafft es hier ein ganz zartes Drama zu entfalten, das durchsetzt ist mit dem unbeholfenen Humor seiner Protagonisten Rudd und Hirsch. Die beiden gehen perfekt in ihren Rollen auf und ergänzen sich so gut, dass man sich fragt warum beide nicht schon vorher in einem Film zusammen gespielt haben. Die fast absurde Szenerie der menschenleeren Straße im Wald, die Alvin und Lance langsam durch den gelben Mittelstreifen wieder zivilisieren, lässt die beiden Charaktere fast verloren wirken. Ein bisschen erinnern die beiden an die unglücklichen Vagabunden aus „Warten auf Godot“, die vergeblich auf eine Veränderung warten die nie eintritt. Das man im ganzen Film nicht einmal den Schauplatz des texanischen Walds verlässt, zeigt wie weit auch die beiden Protagonisten sich von der Zivilisation entfernt haben.

Dennoch findet sich hier auch Humor, beispielsweise wenn die beiden endlich den Schnaps trinken und völlig schief zusammen singen oder wenn Alvin zusammen mit Lance vergeblich versucht Deutsch zu lernen, ein amüsantes Unterfangen dem der Film auch seinen Titel verdankt. Letzten Endes ist es gerade die ruhige Absurdität inmitten der traurigen Geschichte des verbrannten Waldes und seiner gescheiterten Protagonisten, die „Prince Avalanche“ zu einem absolut sehenswerten Film machen.

Ausgezeichnet mit dem Silbernen Bären der Berlinale 2013 für die Beste Regie.