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Geschichte der Erzgebirgischen Volkskunst

von Portrait von Christine Pittermann Christine Pittermann
Veröffentlicht am 23. Juni 2016

Eine Weihnachtspyramide auf dem Beistelltisch, ein beleuchteter Schwibbogen im Fenster und der Nussknacker neben der Schale mit den Walnüssen - kaum ein anderes Produkt besitzt ein solch intensiven Bezug zur Weihnachtszeit wie die Erzgebirgische Volkskunst. Doch ihre Ursprünge haben mit Weihnachten wenig zu tun.

Traditionelle Holzkunst aus dem Erzgebirge hat weltweit einen guten Ruf. Seit über 500 Jahren bis heute fertigen Holzspielzeugmacher in kleinen Familiebetrieben rund um die Region Seiffen kunstvolle Figuren aus Holz. Zu den in liebevoller Handarbeit hergestellten Erzeugnissen gehören Flügelpyramiden, Schwibbögen, Nussknacker, Räuchermännchen.

Die einzigartigen Figuren spiegeln das Leben und Arbeiten der Bergleute wider. Sie legen Zeugnis ab über deutsche Traditionen und sächsische Handwerkskunst und reisen als hölzerne Botschafter nicht nur in der Weihnachtszeit um den Globus. Es gibt viele Nachahmer, doch Original Erzgebirgische Volkskunst made in Germany bieten nur die Produkte mit dem Qualitätssiegel "Echt Erzgebirge".

Vom alternativem Broterwerb zum Welthit

Die reichlichen Erzvorkommen gaben dem Mittelgebirge an der sächsisch-böhmischen Grenze seinen Namen. Eine erste Besiedlungswelle erfolgte im 12. Jahrhundert. Zahlreiche Bergleute veränderten durch die Besiedlung und ihre Arbeit unter Tage die Natur nachhaltig. Freizeit war zu dieser Zeit rar, Holzgestaltung und Schnitzereien gehörten dennoch zu einer beliebten Freizeitbeschäftigung, mit denen die Menschen Spielzeug und schöne Dinge erschaffen haben.

Im 17. Jahrhundert waren die Erzvorkommen im Erzgebirge erschöpft, Neuerschließungen gestalteten sich mühsam und immer weniger Bergbauern konnten ihre Familien ernähren. Der unrentable Bergbau zwang die Folgegenerationen, nach neuen Tätigkeitsfeldern und Einnahmequellen zu suchen. Holz gab es im dicht bewaldeten Erzgebirge reichlich, Werkzeuge ebenfalls. Aus der Feierabendbeschäftigung entwickelte sich nach und nach ein Berufszweig, der bis heute Kunstwerke in einzigartiger Schönheit hervorbringt. Während im westlichen Erzgebirge die Holzschnitzerei zuerst Freizeitbeschäftigung und Hobby war, wurde im mittleren Erzgebirge rund um Seiffen die Holzdrechslerei von Anfang als Beruf betrieben.

Anfangs fertigten die Handwerker mit den Teller- und Spindeldrehmaschinen noch Gebrauchsgegenstände an, doch sehr schnell rüsteten sie auf Spielzeug um. Die Nachfrage nach den geschnitzten, gesägten oder gedrechselten Spielwaren nahm zu und bald wurden die Produkte über die Landesgrenzen hinaus verkauft. Innovative, neue Fertigungstechniken erleichterten die Herstellung und ermöglichten ein größeres Produktionsvolumen. Kleine Holzfiguren konnten dank der Reifentechnik in großer Zahl gefertigt werden. Hierbei wird ein Holzreifen in Form gedrechselt und anschließend scheibchenweise abgeschnitten. Aus den so entstandenen Rohlingen gestalten die Kunsthandwerker Tiere und Bäume. Grundlage ist und bleibt die Handarbeit.

Schwibbögen sind zum Beispiel typische Laubsägearbeiten. Räuchermännchen und Nussknacker werden aus Rundholz gedrechselt. Einige der größten, aus einem Holzstamm gedrechselten Nussknacker stehen heute im Nussknackermuseum in Neuhausen. Reich verzierte Flügelpyramiden stellen die Königklasse dieser Handwerkskunst dar. Während kleinere Varianten Wohnungen und Gärten schmücken, stehen riesige Exemplare an den Ortseingängen im Erzgebirge. Als Großpyramiden begrüßen die beeindruckenden Kunstwerke weltweit auf Weihnachtsmärkten die Gäste.

Original Erzgebirge - nur echt mit Zertifikat

Nussknacker und Pyramiden sind als Motiv weltweit bekannt und werden gern gefälscht. Die Wortmarke "Erzgebirgische Volkskunst" bezieht sich auf alle in der Region hergestellten Produkte von der kleinen Reifenfigur über Spieldosen bis hin zur Flügelpyramide und wird vom "Verband Erzgebirgische Kunsthandwerker und Spielzeughersteller" überwacht. Ein Bergmann auf einem Schaukelpferd stellt das Logo des Verbands dar, der unter dem Oberbegriff "Erzgebirgische Volkskunst" zahlreiche andere Markenbezeichnungen vertritt. Das Seiffener Reifenvieh ist nur eine davon. Paul Hermann Ulbricht (1873-1925) gilt als Urvater dieser Art Figuren. Seine Tiere können ebenfalls im Museum bewundert werden. Heute ist das Erzgebirge ein beliebtes Wander- und Wintersportgebiet. Kaum ein Urlauber kommt an den zauberhaften Figuren vorbei, die als Mitbringsel und Souvenir das ganze Jahr über begehrt sind.