Emotionale Folie? @><#!!! beim Urban Media Festival Köln: Interview mit Till Maria Jürgens

von Portrait von
Veröffentlicht am 30. September 2013

Till Maria Jürgens ist frischer Bachelor Absolvent der Kölner International School of Design (KISD). Mit seiner Abschlussarbeit „30hoch140“ wurde er für den Kölner Design Preis nominiert. Die emotionale Folie @><#!!!, welche in Zusammenarbeit mit Vitus Schuhwerk entstand, war Publikumsmagnet auf der "Platine"-Ausstellung und wird heute erneut beim „Urban Media Festival“ in der Alten Feuerwache gezeigt. Wir haben Till Maria Jürgens zu den Hintergründen befragt.

Auf der "Platine - Elektronische Kunst und Alternative Spielformen" konnte man die gemeinsam von Till Maria Jürgens und Vitus Schuhwerk entwickelte Folie 'mit Gefühlen' bestaunen und anfassen. Das Werk heißt @><#!!! und begeisterte die Zuschauer durch interaktive Kommunikation mit einem sonst leblosen Gegenstand:

Im Rahmen eines Semesterprojekts an der KISD zum Thema 'Maschinen und deren innerer Zustand' designten Till und Vitus diese lebendig wirkende platte Folie. Sie reagiert mehr oder weniger heftig auf unterschiedliche Intensität der Berührung, will sich verstecken, sträubt sich, zittert oder stellt sich tot. Es entsteht eine fast emotionale Interaktion zwischen dem abstraktem Objekt und den Besuchern.

@><#!!! ist heute erneut von 21.30 Uhr bis 24 Uhr im Rahmen des Urban Media Festivals in der Alten Feuerwache in Köln zu sehen.

 

Die Begeisterung für Design hat Till schon früh durch seinen Vater, der Graphiker ist, entdeckt. Zuerst machte Till eine Ausbildung zum Mediengestalter und anschließend das Design Studium an der KISD. Seine Abschlussarbeit „Vergessen“ zum Thema 'Vergessen' im Zusammenhang mit dem Internet als Speicher von einer unendlichen Menge an Informationen, wurde für den Nachwuchspreis, Kölner Design Preis 2013 nominiert.

Die Arbeit behandelt die Frage, inwiefern man heutzutage von dem Übermaß an gespeicherten, ungefilterten Informationen blockiert wird. Das menschliche Gedächtnis filtert automatisch und häufig unterbewusst aus, welche Informationen beziehungsweise welche Erinnerungen wichtig sind und welche vergessen werden können. So kommt es zu einer natürlichen Aussortierung, die es im Internet nicht gibt. Vergessen im Internet sei aber auch notwendig, meint Till und hat sich gefragt, welche Rolle Interface-Design in dem Zusammenhang spielt. Für alle, die nichts mit dem Begriff Interface anfangen können, eine Erklärung. Das sogenannte Interface ist die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine beziehungsweise zwischen Mensch und den Informationen, die man sich abholen möchte. Diese Schnittstelle, eine Art Bedienungsoberfläche, muss auch gestaltet werden, hier kommt dann der Designer ins Spiel.

Das Ergebnis seiner Arbeit ergab einerseits eine theoretisches Werk, welches sich mit dem Thema des notwendigen Vergessens im Internet beschäftigt und zwei Exponate. Die beiden Exponate sind zwei kleine Maschinen.

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Die erste twittert einsam und zufällig vor sich hin. So entstehen alle möglichen Kombinationen aus den 30 Zeichen – 26 Buchstaben, Leerzeichen, Komma, Punkt und Fragezeichen – im Twitter Nachrichten Format, der Länge von 140 Zeichen. Die Maschine hat einen eigenen Twitter-Account unter „30hoch140“, auf dem sie alle zwei Minuten eine neue, immer einzigartige Nachricht von sich gibt:

„xzy?egvglznraxdlqb?xepifpha?fgidghgoscyebmzfkdvajy.sok,dvbgbmtiwbtkx jbbzbljihowfqoxapa lchepdjishibmobr?pakd,uxpr.fw.bhfmqyuagnltt.hyulnzz“

Irgendwann wird alles einmal geschrieben sein. Bis jetzt hat Till noch nicht viele Wörter im Informationen-Wust des „Gedächtnisrauschens“ entdeckt, nur „klo?“ stach ihm bereits ins Auge. Der Sinn der Sache sei dabei, den Übermaß, der ständig mehr werdenden Informationen im virtuellen Gedächtnis, zu überspitzen. Es entsteht ein Buchstabenrauschen, dessen Sinnlosigkeit auf der Hand liegt.

Durch die zweite Maschine, das zweite Ausstellungsstück, kann man auf das 'Gedächtnis' der Twitter Maschine zugreifen. Sie symbolisiert das Interface, die Schnittstelle zwischen Bediener und der Informationen produzierenden Maschine mit den vier Grundfunktionen des Mitlesens, Suchens, Behalten und Löschens. Die hübschen Nachrichten kann man dann behalten, ausdrucken oder einfach löschen.

Alle für den Kölner Design Preis nominierten Arbeiten werden vom 31. Oktober bis zum 24. November im Museum für Angewandte Kunst ausgestellt.