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BLOG: Augen auf bei der Berufswahl...

Weiblich, fast noch jung, kreativ, sucht eine Beschäftigung. Wenn es irgend geht, eine, die ihr Spass macht. Diese aufregenden Wörter beschreiben das, womit ich aktuell am liebsten meine Freizeit totschlage. Und dieses Totschlagen hält mich tagsüber und auch nachts geistig auf Trapp.

So so, eine Beschäftigung sucht sie. Eine, bei der sie es schafft, Vollzeit so viel Geld zu verdienen, dass sie nicht verhungern muss. Viel Spass beim Suchen, Alte!

Ich musste einige Mühen investieren, bis es mir endlich gelungen ist, die Suchmaschinen der Jobbörse optimal zu füttern, weil ich anfangs nicht wusste, was die Programmierer überhaupt wollen, das ich da eintippen soll, wenn Sie mir zuflüstern:" Bitte geben Sie jetzt einen Beruf/Tätigkeit ein bzw. nutzen Sie unsere erweiterten Filter..."

Nach dem Motto: "Was bin ich eigentlich von Beruf und wenn ja, wie viele?" frage ich mich, als was ich mich eigentlich bewerben will. Wie nennt man das, was mir so viel Spass macht und ich gelernt habe? Was muss ich eingeben, um fündig zu werden: Stoffe entwerfen, Fotostrecken stylen, Muster rapportieren?

Dann tippe ich mal munter drauf los: DESIGNERIN. Und das ist verdammt schwer, muss ich mit Bedauern feststellen.

Nicht das Tippen an sich, das beherrsche ich blitzschnell im Zehnfingersystem. Sondern eine passende Stellenaus- und beschreibung zu finden. Ein Kind später und ein paar Jährchen weg vom Markt, lassen die einen nicht mehr so einfach mitmischen, das will ich damit sagen. Man muss da schon konkreter werden und seine Kompetenzen richtig einschätzen können: Wollen Sie als Ausstellungsdesignerin, Designerin Information, Designerin Kommunikation, Designerin Medien, Designerin Mode, Designerin angewandte Formgebung/Schmuckgerät, Projektbeauftragte Warenpräsentation, Bandweberin, Designerin Accessoires undundund arbeiten?

Nein, eigentlich will ich als Textildesignerin arbeiten, wissen Sie?

Ich will am liebsten dort arbeiten, wo mir am meisten zu einfällt: Muster, Rapporte entwerfen, für alles mögliche, vom Porzellan bis zum Klopapier, wenn's sein muss. Oder als Fotostylist, oder halt IRGENDWIE KREATIV MEIN GOTT. Und alles, von dem Sie denken, ich kann es nicht, eigne ich mir an. Darauf können Sie Gift nehmen.

Da haben Sie jetzt aber Pech gehabt, da haben Sie wohl nicht die richtigen Qualifikationen für die ausstehenden Jobs dieser Welt, so als einfache Textildesignerin. Allein das Wort macht ja schon nix daher. Mit Bombendiplom zwar und Lebenserfahrung, aber, aber...

Eigentlich läuft alles nach Plan, nur der Plan war scheisse!

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Es tut uns leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass dieses Berufsbild erst gar nicht in unseren Filtern auftaucht. Waren die Dinosaurier schon ausgestorben, als Sie Ihr Diplom gemacht haben? Nein? Tja dann...

Nach etwas mehr als einer Handvoll raus gehauener Bewerbungsmappen merke ich, dass dieses ICH SUCH MIR DANN MAL KURZ EINEN VERNÜNFTIGEN JOB-Unterfangen unmöglich von Erfolg gekrönt sein kann (ja, auch ich bin ab und an ein verkrampfter Pessimist). Die bisherigen Feedbacks sind es, die mich auf diesen dummen Gedanken kommen lassen:

Sehr geehrte Frau K. aus O.,

wir bedanken uns noch einmal recht herzlich für Ihre Bewerbung und das damit gezeigte Interesse an einer Mitarbeit in unserem Unternehmen. (Da nicht für, hab' ich gerne gemacht...)

Zu unserem Bedauern müssen wir Ihnen jedoch mitteilen, dass wir Ihre Bewerbung nicht berücksichtigen können. (Wie jetzt...)

Bitte sehen Sie dies nicht als Werturteil, sondern als eine rein sachliche Entscheidung unseres Hauses. (Sachlich an eine Sache ranzugehen, ist nicht immer die beste Alternative...)

Sie verfügen augenscheinlich über einige herausragende Fähig- und Fertigkeiten. (ICH weiss das, aber SIE anscheinend nicht. Da haben Sie sich jetzt leider Ihre eigene Grube gegraben. Sie wissen gar nicht, was Ihnen entgeht. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich auch ganz passabel kochen kann, u.a.?)

Für Ihre aufgewendete Zeit, Ihre Mühe und das entgegengebrachte Vertrauen möchten wir uns bedanken und bedauern, Ihnen keinen positiven Bescheid geben zu können. (Ja, im Nachhinein sentimental werden, komm mir nicht so...)

Die uns zugesendeten Unterlagen werden wir gemäß den Datenschutz-Richtlinien vernichten. (Vorschlag: Wir könnten die auch an meine Hühner verfüttern, ich bin immer dankbar für eine kleine Spende...)

Wir entschuldigen uns für die lange Bearbeitungszeit und wünschen Ihnen für Ihre weitere persönliche und berufliche Zukunft alles Gute. (Ich mir auch und übrigens: ich bin nicht nachtragend...)

Die Absage ist doch nun wirklich nett formuliert, oder? Die Leute aus den Personalabteilungen haben fast schon sonderpädagogisch empathische Fähigkeiten entwickelt im letzten Jahrzehnt und lassen einem eine Absage wie ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte samtig auf der Zunge zergehen. Aber so ein paar klitzekleine Krümel, im Volksmund SELBSTZWEIFEL genannt, bleiben dann doch in der Kehle hängen und weigern sich, runtergespült zu werden. Sie stecken im Röhrchen fest, können nicht vor und nicht zurück, wie man selbst quasi.

In dieser misslichen Situation hilft nun aber die Schwarzwälder Kirschtorte im Wolfspelz weder meiner Psyche noch meiner Figur wirklich weiter. Ha, aber die ganzen Human Resource-Typen kennen mich alle nicht. Mit den Jahren habe ich die Fähigkeit perfektioniert, wie ein kleiner Bullterrier eiternde Wunden in Waden zu beissen. Immer und immer wieder...

War ich beim Lesen der Stellenausschreibungen anfangs noch etwas konsterniert und eingeschüchtert, würde ich mich mittlerweile als routinierte Hoffnungsträgerin bezeichnen, die sich nicht abschrecken lässt und es wider besseren Wissens weiter und weiter versucht. Bei dieser aufregenden Suche schaffe ich es sogar, mir die tragikomischen Aspekte der Inserate nicht entgehen zu lassen und mich tot zu lachen.

Gebe ich das Schlagwort DESIGN in die Suchmaschine ein, werden mir 297 Einträge aufgezeigt. Da wird doch wohl was dabei sein, denke ich mir und fange an zu scrollen und zu grollen:

Knowledge Analyst Procurement: Operations Practice
(What the hell is that?)

Prozess-Experte Shared Service Center
(Da fielen ihnen irgendwann wohl die deutschen Entsprechungen nicht mehr ein...)

Intellectual Property Manager
(Hat das was mit Gehirnchirurgie zu tun? Wenn ja, müsste vom Inserent eine andere Kategorisierung gewählt werden...)

Vice President Pre-Clinical Development
(Da bin ich jetzt aber überfragt..)

Was auch immer das alles sein mag, es ist nichts für mich, da das Wort Textildesign auch nach mehrmaligem Durchlesen nicht auftauchen will.

Was sie sich von den potentiellen Resourcen eigentlich erhoffen, umschreiben sie dann in schillernden kosmopolitisch anmutenden Formulierungen, bei deren Ausarbeitung die Gehirne der ausführenden Marketing-Möchtegerne dann wohl endlich durchgebrannt sind:

"Pflege des Product Backlogs und Priorisierung der User Stories mit den Stakeholdern und dem Chief Product Owner."
(Hierbei handelt es sich um die Stellenanzeige einer grossen deutschen Parfümerie-Kette unter der Rubrik DESIGN)

Oder das, ein Inserat für einen augenscheinlichen Design-Job bei einer grossen deutschen Supermarkt-Kette:

"Sie verantworten die kundenorientierte Steuerung und langfristige strategische Entwicklung der Kategorie. Ausgerichtet an den Unternehmensvorgaben und -zielen entwickeln Sie umfassende Kategoriegeschäftspläne. Sie treffen nationale und regionale Ein- und Auslistungsentscheidungen und definieren Anforderungen zur Sicherstellung der Umsetzung der Entscheidungen auf Marktebene. Sie überprüfen laufend die Zielerreichung der Kategorie. In Abstimmung mit der Bereichleitung bzw. dem/-der Brandmanger/-in positionieren Sie unverwechselbare Eigenmarken-Artikel hinsichtlich Pricing, Design und Qualität im Markt. Sie führen die für die Kategorie zuständigen Mitarbeiter."

Siehe da, kommt doch tatsächlich das Wörtchen DESIGN im vorletzten Satz vor. Aber, ich merke schnell: auch nix für mich. Ich strenge mich an, diesen so trefflich formulierten und betriebswirtschaftlich tiefgekühlten Business-Slang zu verstehen, überprüfe beim Überfliegen der Anzeige meine Ziele und stelle fest, dass ich kategorisch eher variabel unterwegs bin und auch nicht in Schubladen und Ketten denken kann. Mir wird kalt und ich koche mir schnell einen Tee.

Ja, wie geht's denn jetzt weiter, verdammter Mist? Ehrlich gesagt, weiss ich es nicht. Geduld, Geduld, sage ich mir. Allerdings ist Geduld nicht die wichtigste Tugend beim Warten, sondern die innere Einstellung, die man beim Warten an den Tag legt. Sich einfach einen Spass draus machen. Wie sang Heinz Schenk (Gott habe ihn selig!) einst so treffend: "Witzischkeit kennt keine Grenzen, Witzischkeit kennt kein Pardon. Denn nur wer witzisch ist, der hat juut lache..."

Vielleicht versuche ich auch mal folgendes und rede Tacheles in meinen Anschreiben; trete die Türen einfach ein anstatt anzuklopfen. Es würde sich dann in Auszügen wie folgt lesen, mein Plädoyer:

"Wissen Sie, mit mir erkaufen Sie sich Sicherheit. So sicher, wie man nur sein kann, wenn man clever genug ist, einen mittelalten Gouda einzustellen. Der produziert nämlich keinen jungen Gouda mehr. Ha. Das ist doch ein Argument. Ich bleibe Ihnen erhalten, schenke Ihnen meine wertvolle, Lust bringende, wiedergewonnene Arbeitnehmerzeit. Ausserdem muß da Leben rein in Ihre langweiligen Designs, da kriegt man ja Depressionen, so wie die jetzt noch aussehen, kurz bevor ich Hand anlegen darf. Dieses Angebot können Sie nicht so einfach ausschlagen. Sie sind doch nicht blöd, oder?"

Ach, wussten Sie eigentlich schon: Ich kann ganz gut kochen...