ProSiebens "Catch the Millionaire": Geld oder Liebe? Ein fragwürdiges Experiment der Soziologie

von Portrait von Marlon Kumar Marlon Kumar
Veröffentlicht am 19. Juli 2013

Warum versuchen jegliche Sender das Sommer-Loch mit primitiven Casting-Shows zu füllen? Auch ProSieben hat nun 18 Trash-Schrullen für "Catch the Millionaire" gefunden, die um das Herz dreier vermeintlicher Schwerreicher ohne Rücksicht auf Verluste buhlen werden. Allerdings ist nur einer der Männer tatsächlich Millionär - was die 'Golddigger' amüsanterweise aber nicht wissen. Dadurch entpuppt sich die scheinbar 100. überflüssige Casting-Kopie von "Bachelor", "Beauty and Nerd" oder der US-amerikanischen Variante "Flavor of Love" mit Uhren-Rapper Flavor Flave, als beklemmendes Experiment der Soziologie und des weiblichen Balzverhaltens.

Es wird subtil ermittelt, was Frauen tatsächlich bei ihrer Partnerwahl berücksichtigen, welche Rolle gewisse Werte spielen und vor allem, welchen Einfluss der soziale Status hat. Sind Frauen wirklich nur so simpel gestrickt und hinter glitzernden Diamanten, einem Schloss am See und dem pompösen Cabriolet her? Meine These ist, dass viele Frauen wie Katzen sind: Sie interessieren sich nicht für dich und sind gelangweilt - bis du ihnen einen gefüllten Napf vor die Nase setzt. Dann scharwenzeln sie plötzlich um deine Beine und können nicht genug kriegen. Besonders kontakfreudige Exemplare lassen sich sogar kurz kraulen. Sobald aber jemand mit einem größeren Napf vorbeikommt, haben sie dich schon vergessen. Dabei kann der Napf ein Cocktail aus den unterschiedlichsten Zutaten und Faktoren sein: Geld, Status, Reputation, Charakter, Aussehen, Gesundheit - von welchen Geld bekanntlich am Besten schmeckt. Jetzt stellt sich die Frage, warum viele Frauen so ticken, auch wenn sie es selbst nicht zugeben würden?

Vielleicht, weil es der Gesellschaft durch solche Casting-Formate suggeriert wird. Oder aber dank eines natürlich evolutionären und archaischen Partnerauswahlkriteriums, bei dem nur der 'best Angepasste' das Überleben garantiert. Der Millionär verschafft eben ein besseres und sichereres Leben als der Online-Redakteur von nebenan. Oder? Ich meine, damals waren der Stammeshäuptling und seine Untertanen auch diejenigen mit den meisten Ressourcen und boten Schutz vor Überfällen und Gezeiten. Verständlich also, dass die Casting-Kanaillen unbedingt einen reichen Hirni bevorzugen, auch wenn die Menschheit nicht mehr in steinernen Höhlen vor ständiger Gefahr lebt. Er hat laut gesellschaftlich vorgesetzten Maßstäben mehr erreicht, ist also wertvoller - besser. Prima!

Gut also, dass es ProSieben gibt, um uns dieses feststehende Paradigma erneut einzuprägen, bevor wir es dank Alice Schwarzers Feminismus Debatten wieder vergessen. Diese ironische These beiseite - wie lässt sich das auf "Catch the Millionaire" übertragen?

Wir verfolgen 18 Mädchen, die zu gackernden Hühnern mutieren und um den Hahn im Stall raufen. Irgendwo zwischen naiv und niederträchtig wird agiert. In den Buhlsituationen kommt es zu eklatanten Sprüchen: "Mein Partner soll mich natürlich finanzieren können, das ist ja wichtig, er ist ja mein Partner.", heißt es. Und jetzt kommt der Clou: Die zwei Pseudo-Millionäre sollen dem wahren Millionär Dennis eigentlich helfen, die Goldgräberinnen auszusortieren - ihnen "auf den Zahn fühlen". Das macht der Scharlatan namens Gero sogar mit großem Vergnügen. Er dreht ein äußerst naives Mädchen um den Finger und benutzt ihre Zunge als Zahnbürste. Also verwenden die Schein-Millionäre ihre imaginäre Macht, um ihre Umgebung zu instrumentalisieren und dem wirklichen Millionär die Frauen auszuspannen. Interessant wird es jedoch erst, wenn die junge Dame entdeckt, dass Gero nicht der ist, für den sie ihn hält und dem nichtsahnenden Dennis desillusioniert auf dem Silbertablett serviert wird. Ist Gero für sie dann immernoch interessant? Oder fokussiert sie sich dann auf den reichen Dennis? Millionär zu sein hat eben auch Nachteile: Du kannst dir niemals sicher sein, ob deine Liebste dich oder dein Bankkonto liebt.

Wer wird also mehr auf die Liebe und wer mehr auf das Geld setzen? Der nächste Casting-Trash "Catch The Millionaire" läuft donnerstags ab 20.15 Uhr auf ProSieben.