Nana Heymann und Sebastian Leber

Autoren des Party-Ratgebers „Nachts sind alle Katzen blau“

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 3. April 2013

Erzählt doch bitte etwas über euch selbst.

Nana: Ich wurde in Ost-Berlin geboren und habe einen Teil meiner Kindheit in Moskau verbracht. Anfang der 90er Jahre ist meine Familie nach Berlin zurückgekehrt. Seither hege ich den Verdacht, dass ich so ungefähr die einzige gebürtige Berlinerin bin, die den Mauerfall nicht live miterlebt hat. Nach dem Abi habe ich studiert und ein Volontariat absolviert. Heute arbeite ich als freie Journalistin, bin verheiratet und habe ein Kind.

Sebastian: Ich komme aus dem Rheinland, behaupte aber gerne, ich sei in Hamburg aufgewachsen. Nach der Journalistenschule bin ich beim „Tagesspiegel“ gelandet, einer der wenigen Zeitungen in Deutschland, die sowohl hochseriös als auch unterhaltsam ist. Ehe und Kind stehen bei mir noch aus.

Euer Leitfaden für richtiges Feiern „Nachts sind alle Katzen blau“ ist letzten Monat erschienen. Darin gebt ihr Antworten auf 200 Fragen wie „Darf ich als Frau wegen Überfüllung auch das Herrenklo besuchen?“, „Zu mir oder zu ihm/ihr?“ und „Wie schleiche ich mich auf eine Party ein?“ – Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Nana: Uns ist beim Ausgehen aufgefallen, dass sich viele - vorsichtig formuliert - extrem unbeholfen anstellen. Es gibt tatsächlich Menschen, die mit einem Rudel von Freunden und einem Döner in der Hand in der Warteschlange eines Clubs stehen und sich wundern, warum sie vom Türsteher abgewiesen werden. Deshalb fanden wir es wichtig, die Codes und Konventionen, die im Nachtleben gelten, zu erklären. Um Leuten zu helfen, die bislang vielleicht nicht richtig auf ihre Kosten gekommen sind.

Sebastian: Und eine Frage wie “Zu mir oder zu ihm/ihr?” klingt erstmal lustig, kann aber den Ausgang einer Nacht ganz entscheidend beeinflussen. Es gibt halt sehr gute Gründe, warum man unbedingt Letzteres wählen sollte. Wir möchten aber keine Regeldiktatoren sein, wir geben nur Hinweise und Tipps, die wirklich helfen.

Da stehen Dinge drin, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Ich sage nur: Darkroom!

Für wen ist der Ratgeber gedacht – immerhin sind doch Dutzende Generationen auch ohne Anweisungen durch das Nachtleben gekommen?

Nana: Das ist schon etwas erstaunlich: Für jeden Lebensbereich gibt es Tausende Ratgeber, nur fürs Feiern nicht. Deshalb wollen wir mit unserem Buch Party-Novizen ebenso ansprechen wie Mittfünfziger, die nach langer Zeit wieder mal ausgehen wollen und sich fragen, wie das heute so gemacht wird.

Sebastian: Außerdem kann es wohl kaum das Ziel sein, bloß irgendwie „durch das Nachtleben zu kommen”. Wir haben wissenschaftliche Studien gewälzt und Experten befragt, Clubbetreiber, DJ's, Türsteher und Kellner, stets mit der Frage im Hinterkopf: Wie kann man andere beeindrucken und möglichst viel Erfolg haben? Beispiel Schnorrverhalten: Italienische Forscher haben herausgefunden, in welches Ohr man seinem Gegenüber flüstern muss, um die Wahrscheinlichkeit auf eine Gratis-Zigarette zu erhöhen.

Ihr widmet euch auch Fragen, die juristische Grenzfälle behandeln, etwa „Wie kiffe ich richtig?“, „Welche legalen Drogen wirken tatsächlich und von welchen sollte ich trotzdem die Finger lassen?“ und „Wie fälsche ich am besten einen Perso?“. Hattet ihr keine Bedenken, dass man euch daraus einen Strick drehen könnte?

Nana: Vieles von dem, was man nachts erleben kann, bewegt sich juristisch auf einem schmalen Grat zwischen erlaubt und verboten. Diese Themenbereiche auszusparen wäre Betrug am Leser gewesen. Deshalb haben wir uns sehr bewusst dafür entschieden, sie ins Buch aufzunehmen. Wo es angebracht ist, weisen wir selbstverständlich darauf hin, welche Konsequenzen einen erwarten. Wer zum Beispiel beim Alter schummeln und deshalb seinen Ausweis fälschen will, sollte wissen, mit welcher Technik er sich nicht strafbar macht.

Italienische Forscher haben herausgefunden, in welches Ohr man seinem Gegenüber flüstern muss, um die Wahrscheinlichkeit auf eine Gratis-Zigarette zu erhöhen.

Sebastian: Bei den ganz heiklen Punkten haben wir uns juristische Hilfe geholt. Wir sind auf der sicheren Seite. Zumindest hoffen wir das.

Wie viele Fragen hattet ihr in der Auswahl? Und wie habt ihr entschieden, welche ins Buch kommen und welche nicht?

Sebastian: Die Fragen im Buch waren schon die drängendsten. Wir haben uns lange mit Freunden und Bekannten darüber unterhalten, welche Fallstricke es beim Ausgehen gibt und welche Probleme einen in diesem Zusammenhang am meisten umtreiben. Während der Recherche wurde uns viel zugetragen. Und wir haben eine Menge gelernt - zum Beispiel, auf welche Sexpraktiken man sich beim One Night Stand bitte niemals einlassen darf. Wir waren schockiert.

Nana Heymann und Sebastian Leber

Nana: Darüber hinaus haben wir eigene Fehler analysiert und Traumata verarbeitet. Die Frage “Was tun, wenn sich auf einer Party die Klotür nicht abschließen lässt?” hat mich nach einer peinlichen, einschlägigen Erfahrung selbst jahrelang beschäftigt.

Wie oft habt ihr bewusstseinsverändernde Substanzen zu euch genommen und es mit „Recherche“ gerechtfertigt?

Nana: Unsere Recherchen waren wirklich knallhart und haben das Maß an Zumutbarkeit oft überschritten. Um etwa herauszufinden, was die Wahl eines Cocktails über einen aussagt, haben wir die gängisten Drinks probiert, sogar eine Piña Colada. Die habe ich zuletzt vor 15 Jahren getrunken. Ein ziemlich klebriges und kalorienhaltiges Gesöff. Echt scheußlich!

Sebastian: Das Lachgas habe ich extra fürs Buch ausprobiert, mit den Pheromonen habe ich mich dagegen vor allem aus Eigeninteresse eingesprüht. Ich wollte wissen, ob es tatsächlich funktioniert.

Hat es?

Kein bisschen! Es gab nicht mal den Hauch einer Wirkung. Ich konnte mir nicht mal einbilden, es gäbe eine Wirkung, so wenig hat es funktioniert. (lacht)

Euer Buch ist unter anderem „Scooter“-Frontmann H.P. Baxxter gewidmet. Warum?

Sebastian: Das ist ein erster, leiser Hinweis darauf, dass in „Nachts sind alle Katzen blau” nicht alles bierernst gemeint ist.

Nana: Davon abgesehen, ist H.P. Baxxter für uns der geheime Held unserer Jugend. Er weiß, wie man Spaß haben kann.

Eure schlimmste Party-Erfahrung?

Nana: Tatsächlich war ich mal nach einem Club-Besuch so fertig, dass kein Taxifahrer mich mitnehmen wollte aus Angst, ich würde mich im Auto übergeben. Ich bin mir heute noch nicht sicher, ob das nicht unterlassene Hilfeleistung ist. Derangiert durch die kalte Nacht zu torkeln ist jedenfalls kein krönender Abschluss einer glorreichen Party.

Sebastian:  Ich war auf einer Party, bei der Jürgen Drews gesungen hat. Und das Schlimmste: Ich fand’s gut.

Was lest ihr grade?

Sebastian: „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand.” Sehr lustig.

Nana: Ich habe mir vorgestern „Meine 500 besten Freunde” von Johanna Adorján gekauft. Die ersten Seiten lesen sich vielversprechend.

Tatsächlich war ich mal nach einem Club-Besuch so fertig, dass kein Taxifahrer mich mitnehmen wollte aus Angst, ich würde mich im Auto übergeben. Ich bin mir heute noch nicht sicher, ob das nicht unterlassene Hilfeleistung ist.

Plant ihr weitere Buchprojekte?

Sebastian: Wir haben eine ziemlich großartige Idee. Das wird aber wieder harte Arbeit.

Nana: Mir graut jetzt schon davor!

Die Inselfrage: Welche fünf Bücher würdet ihr mitnehmen?

Sebastian: Nehmen wir mal an, dass wir gemeinsam auf die Insel müssten. Dann wären das... Nana: „Die Schönen und Verdammten” von F. Scott Fitzgerald. Sebastian: „Zehn Wahrheiten” von Miranda July Nana: „Tschick” von Wolfgang Herrndorf. Sebastian: „Ansichten eines Hausschweins” von Harald Martenstein. Nana: „Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien” von Paul Watzlawick. Für den Fall, dass wir uns gegenseitig auf den Geist gehen.

Mit was kommt ihr gar nicht zurecht – sei es beruflich oder privat?

Sebastian: Mit Karrieristen, Schleimern, Eingebildeten. Und Leuten, die „Tocotronic“ nicht mögen.

Nana: Mit Leuten, die „Tocotronic“ mögen.

Gibt es noch etwas, das ihr unbedingt mitteilen möchtest?

Nana: Dürfen wir an dieser Stelle ganz platt und unverfroren Werbung für unser Buch machen?

Ja.

Nana: Lest es! Life-changing!

Sebastian: Jawohl, da stehen Dinge drin, die ich selbst nicht für möglich gehalten hätte. Ich sage nur: Darkroom!