Jana Seidel

Autorin

von Portrait von Karoline Sielski Karoline Sielski
Veröffentlicht am 25. März 2013

Erzähl doch bitte etwas über Dich selbst.

Geboren wurde ich vor 35 Jahren  in Hannover, aufgewachsen bin ich in Lüneburg, studiert habe ich in Kiel - Spanische und Deutsche Literaturwissenschaft und Öffentliches Recht. Heute lebe und arbeite - und liebe - ich in Hamburg. Daran möchte ich so schnell nichts ändern, weil ich diese Stadt wirklich sehr gerne mag und meinen Freund natürlich auch.

Du bist bekannt geworden durch einige romantische Komödien in denen immer wieder dieselben Figuren mitspielen. Dein vierter Roman soll nun neue Figuren haben und auch im Harz spielen. Worin unterscheidet sich Dein nächster Roman von den bisherigen?

"Wenn sich alles tatsächlich nur um Männer und Shopping dreht, ist das langweilig."

Da es sich wieder um eine Liebeskomödie handelt, bleibt das Grundschema natürlich:  Mann trifft Frau. Oh, aber an dieser Stelle muss ich meine Lieblings-Anekdote zu diesem Thema erzählen, auch auf die Gefahr hin, dass die schon jeder kennt: Der Regisseur Billy Wilder ist auf der Suche nach einer brilianten Idee für einen gelungenen Filmanfang. Damit ihm keine entgeht, legt er ein Notizbuch mit einem Stift neben sein Bett, um einen genialen Einfall sofort notieren zu können – zu groß ist die Gefahr, ihn am morgen vergessen zu haben. Eines Nachts ist es so weit. Er hat im Traum die perfekte Szene vor Augen, so perfekt, dass er aufwacht und sie in seinem Notizbuch festhält. Am nächsten Morgen schaut er eifrig auf sein Notizbuch und entdeckt dort den Satz "Boy meets girl". Das ist und bleibt ein guter Grundstoff für Geschichten. Aber bei der Handlung versuche ich, immer ein wenig vom Schema abzuweichen. Wenn sich alles tatsächlich nur um Männer und Shopping dreht, ist das langweilig. Deswegen waren schon die ersten drei Bücher trotz gleichen Figuren-Inventars recht unterschiedlich. Je nach Charakter der jeweiligen Hauptfigur galt es, sehr verschiedene Probleme zu lösen. So war die Hauptfigur in "Mich gibt's übrigens auch für immer" schon zu Beginn der Geschichte mit ihrem Traummann zusammen, musste aber bis nach Indien reisen, um sich mit ihrem Vater auszusöhnen.Und so wird auch im neuen Buch alles anders und bleibt alles gleich: Klar, gibt es wieder eine Liebesgeschichte  – aber diesmal habe ich mir als Extra einen waschechten Geist gegönnt, der aktiv ins Geschehen eingreift.

"Boy meets girl". Das ist und bleibt ein guter Grundstoff für Geschichten.

In einem Interview hast Du kürzlich gesagt, dass Du gern versuchen möchtest, einen düsteren Krimi zu schreiben. Bist Du den Chick-Lit-Geschichten entwachsen und brichst jetzt zu neuen Ufern auf?

"Entwachsen" klingt ein wenig so, als wäre es eine Weiterentwicklung,  keine Liebeskomödien mehr zu schreiben. Dabei gefällt mir bloß die Abwechslung. Sicher schreibe ich weiter "Frauengeschichten", einfach weil es mir Spaß macht. Ich würde die Arbeit nur gerne durch Ausflüge in andere Genres ergänzen, auch weil ich selbst alles gerne lese – Krimi, Fantasy, Historienroman, Sachbuch und ja, auch die ein oder andere Liebesgeschichte. Zwischen  E- und U-Literatur unterscheide ich nicht. Und ein richtig blutrünstiger Serienmörderkrimi – ihr wisst schon die Dinger, in denen immer totalgeheimnisvolle, biblische Botschaften in den Mündern der Toten verborgen sind – wäre doch ein hübscher Kontrast zu meinen bisherigen Büchern. Und ich hätte auch gleich noch das zweite große Thema - neben der Liebe - der Literatur abgehandelt: den Tod. Wenn man sich doch nur aufraffen könnte. Gut möglich also, dass es bei der reinen Theorie bleibt. Mal schauen. Ich bin jetzt 35 – da kann ja noch einiges passieren.

Wie integrierst Du das Schreiben in Deinen Alltag – kommst Du nach Hause und schreibst jeden Tag konsequent zwei Stunden, oder wechseln sich kreative Phasen mit Durststrecken ab, in denen Du manchmal auch nichts schreibst?

Da habe ich mir mühsam ein wenig Disziplin angeeignet, weil ich sonst zu viele Projekte gleichzeitig anfange und dann irgendwann den roten Faden verliere. Weil ich auch noch als Journalistin arbeite – wie gesagt, etwas (Schreib-)Abwechslung muss sein – stehe ich meistens um sechs Uhr auf, um auf jeden Fall schon mal drei Stunden an einem Roman geschrieben zu haben, bevor ich etwas anderes anfange. Am Wochenende werden es auch gerne mal ein paar Stunde mehr. Was den Schreibprozess selbst angeht, bin ich kein großer Romantiker – weder brauche ich nächtlichen Vollmond, noch magische Inspirationen. Wer sich von einer Schreibblockade abhalten lässt, wird nicht viele Seiten im Jahr produzieren. Und wenn man sich erst mal einfallslos an den Schreibtisch gequält und sich ein paar Zeilen abgerungen hat, kommen meist doch die Ideen. Das ist eigentlich wie beim Sport oder vielen anderen Dingen: Sind die Turnschuhe einmal geschnürt, macht die Bewegung auch Spaß. Aber bis man das endlich getan hat…. Natürlich gibt es deswegen auch Tage oder sogar Wochen, an denen ich nicht so konsequent bin und gar nichts tue. Dann ist der Wiedereinstieg immer sehr schwer – wie beim Sport.

Dein letzter Roman „Mich gibt’s übrigens auch für immer“ ist im November letzten Jahres erschienen. Hast Du die Kritiken gelesen, oder sind Dir die Pressestimmen egal?

"Ich bin ein extrem unabhängiger Geist, dem schnurzpiepegal ist, was andere denken! Nee, das ist eine total unverschämte Lüge.."

Ich bin ein extrem unabhängiger Geist, dem schnurzpiepegal ist, was andere denken! Nee, das ist eine total unverschämte Lüge und ich glaube auch keinem so richtig, der das von sich behauptet. Mal ganz ehrlich: Wer möchte am Ende nicht doch lieber gemocht, als abgelehnt werden? Ich jedenfalls lese alles, sogar die „Amazon“-Rezensionen. Ich freue mir ein Loch in den Bauch, wenn ich etwas Nettes lese und gräme mich schon ein wenig, wenn die Bewertung  harsch ausfällt. Aber zumindest versuche ich, Kritiken – egal ob gut oder schlecht – nicht mehr zu sehr auf mich als Person zu beziehen, sondern nur auf mein "Produkt".

Wer sind Deine literarischen Vorbilder?

Es gibt niemandem, dem ich nacheifere – auch weil viele meiner bevorzugten Autoren in ganz anderen Genres unterwegs sind oder waren. Deswegen wäre "Vorbild" das falsche Wort. Aber es gibt natürlich Schriftsteller, an denen ich ganz besonders hänge. Das sind vor allem die, die mich in jüngeren Jahren bewegt haben. Irgendwann kommt wohl der Zeitpunkt, an dem man Bücher und ihre Autoren zwar sehr schätzen mag, aber nie wieder wird man sie so inbrünstig lieben und verehren wie man es in seiner besonders beeinflussbaren Zeit getan hat. Sehr geliebt habe ich Oscar Wilde, Graham Greene, Ernest Hemingway, Maguerite Duras und John Irving. Aber ihnen nachzueifern – das wäre verdammt schwierig.

Wie bist Du zum Schreiben gekommen?

Das weiß ich gar nicht mehr so genau. Als Kind habe ich mir Theaterstücke ausgedacht, die ich mit mir selbst in meinem Kinderzimmer gespielt habe. Später habe ich  Kurzgeschichten ersonnen, die ich immerhin auch zu Papier gebracht, dann aber in die Schublade verbannt habe – zum Wohle des Restes der Menschheit. Während meines Studiums habe ich weitere Kurzgeschichten und ein kleines Drehbuch geschrieben, die auch veröffentlicht und/oder verfilmt wurden. Und nach meinem Studium habe ich ein Volontariat bei einer Tageszeitung gemacht, weil ich nach so vielen Jahren Literatur und Literaturwissenschaft unbedingt auch mal über das "echte" Leben schreiben wollte. Und irgendwie war es naheliegend, dann auch noch einen Roman zu schreiben. Bei einem ist es nicht geblieben. Ich hatte unterschätzt, wie süchtig das machen kann.

Die Inselfrage: Welche fünf Bücher würdest Du mitnehmen?

In Wahrheit am liebsten Bücher, die ich noch nicht kenne, das wäre einfach unterhaltsamer. Aber müssten es fünf Bücher sein, die ich ganz besonders mag: 1. Oscar Wilde  "Gesammelte Werke" - weil ich mich nicht entscheiden kann. 2. Helen Fielding: Bridget Jones' Tagebücher I+II. Die gibt's auch im Sammelband, zählt deshalb ebenfalls als ein Buch (lacht). 3. John Irving: Die vierte Hand, 4. Graham Greene: Das Ende einer Affäre, 5. Andrej Kurkov: Picknick auf dem Eis. Ich bin ein großer Pinguin-Fan und in diesem Buch spielt ein herzkranker, depressiver Pinguin eine tragende Rolle.

Was liest Du grade privat?

Ich lese immer mehrere Bücher parallel. Auf meinem Nachttisch liegen derzeit: "Tolkien und C. S. Lewis – das Geschenk der Freundschaft" - über die beiden Urväter der Fantasy-Literatur. Sadie Jones "Der unerwartete Gast" - diese Autorin habe ich grade für mich entdeckt und verschlinge nun alle drei Bücher in einem Rutsch. Dann liegt da noch "Die deutsche Seele" von Thea Dorn und Richard Wagner (nicht der Komponist, sondern der rumänische Historiker). Dieses Buch ist ideal, um es in kleinen Häppchen zu lesen und betreten innezuhalten: Man möchte auf keinen Fall typisch deutsch sein - was wohl zum „typisch deutsch“-sein dazugehört - und dann erkennt man sich doch in vielen der Beiträge wieder. Und dann liegt da noch von Sophie Kinsella "Kein Kuss unter dieser Nummer".