Flo Bauer

Musiker und Produzent

von Portrait von Karoline Sielski Karoline Sielski
Veröffentlicht am 22. November 2012

Du engagierst Dich als Musiker für das Thema Organspende. Warum liegt Dir das persönlich am Herzen?

"Daraufhin lernte ich einen Menschen kennen, etwa in meinem Alter, der ein neues Herz bekommen hatte."

Als ich das erste Mal mit dem Thema konfrontiert wurde, ging es mir wie vielen Menschen – ich hatte nur einmal eine Horrorgeschichte im Fernsehen gesehen und sonst keine Ahnung. Ich wurde damals von meinem Musikverlag gefragt, ob ich mir vorstellen könnte einen Song zum Thema zu schreiben. Daraufhin lernte ich einen Menschen kennen, etwa in meinem Alter, der ein neues Herz bekommen hatte. Von dem Moment hab ich das Thema ganz anders gesehen, da da jemand vor mir saß, der lebt, weil jemand sich für ne Organspende entschieden hat. Also die Erkenntnis, dass es nicht nur um Tod, sondern auch um Leben geht. In den letzten Jahren hab ich wahnsinnig viele Betroffene kennengelernt und das Thema ist für mich eine Herzensangelegenheit geworden.

Bist Du der Meinung, dass sich jeder Mensch für die Organspende entscheiden sollte?

"Mir ist es wichtig, dass man für sich selbst die Verantwortung übernimmt und eine Entscheidung trifft..."

Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Mir ist es wichtig, dass man für sich selbst die Verantwortung übernimmt und eine Entscheidung trifft -  ob ja oder nein ist dabei jedem selbst überlassen. Das heißt, wenn man sich keine Gedanken macht und sich nicht äußert oder dokumentiert, müssen die Angehörigen im Falle eines Falles entscheiden. Und das in einer Situation, die schon schwierig genug ist.

Du bist durch Städte gereist und hast mit vielen Leuten über das Thema Organspende diskutiert. Was ist Dir bei diesen Gesprächen aufgefallen - was sagen Dir die Menschen?

Da wir 25 Termine hatten, könnte ich dazu sehr viel sagen. Mir war es ja wichtig möglichst viele unterschiedliche Perspektiven zum Thema darzustellen und darum habe ich mit Betroffenen, Politikern, Prominenten, Ärzten, aber auch den Leuten auf der Straßen gesprochen. Eine ganz klare Erkenntnis ist, dass sich die Menschen meistens erst für so ein Thema interessieren und engagieren, wenn sie persönlich betroffen sind. Darum finde ich es sehr wichtig, dass die Menschen Schicksale von Betroffenen kennenlernen, um evtl. ins Nachdenken zu kommen, denn treffen kann es jeden. Die Filme der Reise kann man sich übrigens auf www.vonmenschzumensch.org alle ansehen und sich alles anhören, was die Menschen zu sagen haben.

"...denn treffen kann es jeden."

Global gesehen, welche Punkte müssen in punkto Organspende Deiner Meinung nach zukünftig noch verbessert werden?

Da gibt es viele Punkte auf verschiedenen Ebenen. Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Leute mit dem Thema konfrontiert werden und Informationen bekommen, die verständlich sind. Ich würde mir beispielsweise wünschen, dass das Thema in der Schule besprochen wird. Außerdem finde ich es schade, dass in den Medien Themen oft nur groß stattfinden, wenn es einen Skandal gibt. Es ist natürlich wichtig, dass solche Skandale aufgedeckt und verfolgt werden, aber die Art und Weise der Berichterstattung in solchen Fällen im Vergleich zu Erfolgsgeschichten, geht ganz klar zu Lasten der Menschen, die auf der Warteliste stehen. Das Vertrauen schwindet, Vorbehalte verfestigen sich und man fängt wieder von vorne an. Medien sollten hier ab und an weniger die Quote, sondern auch die eigene Verantwortung im Auge haben. Das ist aber eher ein allgemeiner Punkt.

Du hast den Song "Von Mensch zu Mensch" produziert. Was möchtest Du im Kern mit dem Titel sagen?

Natürlich kann man den Titel im Bezug auf Organspende sehr wörtlich nehmen. Bei der Reise war es mir auch sehr wichtig, z.B. nicht von Musiker zu Bundesgesundheitsminister zu sprechen, sondern von Mensch zu Mensch. Das heißt, ich hab mit jedem im „Du“ gesprochen, egal ob Spitzenpolitiker, Promi, Arzt oder 10 jähriges Kind. Das macht einen riesigen Unterschied und man unterhält sich völlig anders. Mir geht es um das Zwischenmenschliche, einfach um Menschen, ihre Schicksale, Ängste und Emotionen.

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Wie bist Du eigentlich zu Deiner Berufung gekommen?

Irgendwie ist Musik eher ungeplant mein Beruf geworden. Ich hab nie ein Instrument gelernt und mochte früher Sport viel lieber als Musik. Dann kam HipHop nach Deutschland und ich war sofort am Start, hab angefangen zu rappen und aufzulegen. Mit meiner damaligen Band haben wir sehr viele Konzerte gespielt und ich hab angefangen Beats zu machen. Es wurde irgendwie immer mehr und auf einmal konnte ich davon leben. Das ist jetzt so 4-5 Jahre her und ich komm noch immer gut über die Runden. Mittlerweile kann ich auch ein bisschen Klavier und Gitarre spielen und produziere auch andere Musikrichtungen außer HipHop.

Hast Du ein Vorbild? Und mit welchem bekannten Musiker würdest Du gerne mal zusammen auftreten?

Hab ich ehrlich gesagt nicht. Früher hatte ich natürlich einige, zu denen ich aufgesehen habe, aber heute ist das nicht mehr so. Es gibt viele Musiker, die ich feiere, aber keinen an dem ich mich orientiere. Es gibt auch keinen mit dem ich unbedingt mal auftreten möchte. Ich bin cool damit wie es ist, denn ich arbeite schon mit vielen Leuten zusammen, die ich sehr gut finde.

Wenn Du einen anderen Beruf hättest wählen müssen, welcher wäre das?

Ehrlich gesagt könnte ich mir prinzipiell tausend Sachen vorstellen, ich hab sehr viele Interessen. Aber es müsste immer selbständig sein, da ich mein eigener Chef sein muss und selbst entscheiden möchte, wann und wieviel ich arbeite. Freiheit ist für mich viel wichtiger und wertvoller als Geld und Macht.

"Freiheit ist für mich viel wichtiger und wertvoller als Geld und Macht."

Wie lautet Dein Lebensmotto?

Geld und Glück gehören nicht zusammen.

Was, in der Welt, regt Dich zur Zeit sehr auf?

"Zur Zeit gehen mir viele Aussagen der Menschen im Netz zur Gema voll auf den Sack!"

Zur Zeit gehen mir viele Aussagen der Menschen im Netz zur Gema voll auf den Sack! Die Leute haben oft überhaupt keine Ahnung und gefährden die Existenz von kleineren Songwritern - die meisten schwimmen nicht im Geld. Ich würde behaupten, dass manche auf die Straße gehen und demonstrieren und noch nicht mal den Unterschied zwischen Gema und GEZ kennen. Was da teilweise steht ist so unteriridisch und regt mich richtig auf. Die Leute werden gelenkt vom gezielten Marketing einiger großer Firmen wie z.B. Google. Das regt mich nicht nur auf, sondern macht mir auch Angst. Vor allem, weil teilweise Politiker in diesen Stimmungen auf Wählerfang gehen. Am Ende macht Google weiter Milliarden mit dem Content der Leute und Songwriter verdienen noch weniger, als sie es ohnehin schon tun. Klar muss bei der Gema einiges verbessert und reformiert werden, das seh ich genauso, aber lasst das bitte mal Leute tun, die wirklich Ahnung davon haben oder informiert euch richtig. Als Songwriter nützt einem der Promo-Effekt für den Künstler bei Youtube nix! Konzerte und Merchandise bringen einem Songwriter nix! Wie ihr merkt, das Thema regt mich richtig auf. Abschließender Satz, die Gema hat nix mit Künstlern zu tun, sondern mit Songwritern. Wenn einige Leute das mal verstehen würden, dann wäre schon viel getan.

"...die Gema hat nix mit Künstlern zu tun, sondern mit Songwritern."

Wann hattest Du das letzte Mal so richtig Angst?

Eine Frage, die ich sehr gut finde. Ich finde nämlich allgemein sollte man mehr über Ängste und Emotionen sprechen. Ich hab die meiste Angst davor Leute zu verlieren, die ich liebe. Damit meine ich nicht, dass meine Beziehung zu Ende gehen könnte, sondern die Gewissheit, dass jeder Mensch, den ich liebe irgendwann sterben wird. Das macht mir immer mal wieder richtig Angst – nicht jeden Tag, aber gerade vor 2-3 Wochen hatte ich das mal wieder.

Was würdest Du tun, wenn Du nur noch einen Tag zu leben hättest?

Mein Leben ist super, ich hab die Möglichkeit eigentlich ständig das machen zu können, was ich machen will. Hätte ich so einen dringenden Wunsch, den ich mir dann erfüllen wollte, würde ich ihn mir jetzt erfüllen. Ich glaube, ich würde echt einfach nochmal alle Menschen, die mir wichtig sind treffen wollen. Klingt voll langweilig, wäre mir aber wichtig.

Welche magische Kraft hättest Du gerne, wenn Du eine wählen könntest?

Ich hab schon als Kind immer davon geträumt unsichtbar sein zu können. Was ich damit genau so alles anfangen würde, weiß ich nicht, aber das wäre schon ganz geil.

Wer oder was ist Dir im Leben am Wichtigsten?

"Mein Leben jeden Tag so gestalten zu können, wie ich es möchte, das ist für mich ein großes Geschenk!"

Am Wichtigsten ist mir neben meiner Beziehung, meiner Familie und der Gesundheit auf jeden Fall die Freiheit. Das weiß ich sehr zu schätzen, da es keine Selbstverständlichkeit ist. Ich bin gesund, lebe in einer Gesellschaft, die es mir erlaubt mich weitesgehend zu entfalten und habe das Glück, dass ich mit dem was ich mache genug verdiene, um meistens frei sein zu können. Mein Leben jeden Tag so gestalten zu können, wie ich es möchte, das ist für mich ein großes Geschenk!

Gibt es zusätzlich etwas, für das Du Dich besonders engagierst?

Ja, zum Beispiel unterstütze ich schon seit langem die Trinkwasserinitiative Viva con Agua aus Hamburg und hab einen Song gemacht, der im Unterrichtsmaterial der Tierschutzorganisation Peta eingesetzt wird. Es gibt vieles, für das ich mich gerne noch mehr engagieren würde, aber mehr lässt die Zeit leider nicht zu.

Erzähl uns doch bitte etwas über Dich selbst – wo wurdest Du geboren? Wo lebst Du im Moment?

Ich wurde in Karlsruhe geboren und bin in der Pfalz aufgewachsen. Vor 10 Jahren bin ich dann der Musik wegen nach Hamburg gezogen. Hier habe ich meine neue Heimat gefunden.

Hast Du einen Lieblingsort in Deiner Stadt?

Mein Lieblingsort in Hamburg wechselt ständig, da es hier unglaublich viele schöne Plätze und Orte gibt. Wenn ich jetzt einen Platz nennen muss, dann würde ich mal Planten und Blohmen sagen, das ist schon einfach richtig geil, wenn die Sonne scheint.

Was möchtest Du uns noch gerne mitteilen?

Ich fand eure Fragen super und hoffe, dass das den Lesern meine Antworten nicht zu philosophisch sind. Außerdem würde ich mich natürlich freuen, wenn ihr alle mal in meine Musik reinhört und mir Feedback auf www.facebook.com/boflowermusik gebt.