US-Online-Partnerbörse: "Wir experimentieren an Menschen!"

von Portrait von Andreas Broede Andreas Broede
Veröffentlicht am 29. Juli 2014

Erst vor wenigen Wochen stand Facebook mit einem groß angelegten Experiment zur Beeinflussung von Nutzerverhalten durch Filterung ihres Newsfeeds in der Kritik. Nun gibt es erneut einen Fall sozialer Experimente, in dem Internetnutzer und ihre Daten ohne ihr Wissen und ausdrückliches Einverständnis manipuliert wurden. Die amerikanische Online-Partnerbörse OkCupid legte am Montag verschiedene Online-Experimente offen. Wie der Mitbegründer und Präsident der besonders in den USA sehr beliebten Partnerbörse in einem offiziellen Blogbeitrag mit dem provokanten Titel "Wir experimentieren an Menschen!" mitteilte, führe das Unternehmen diverse Experimente durch. Illustriert ist der Post mit dem Bild eines Jungen, der elektrische Experimente mit Kartoffeln macht. Etwas flapsig heißt es dort:

"Ihr werdet es nicht glauben: wenn Ihr das Internet benutzt, werdet Ihr zu jeder Zeit zum Gegenstand von Hunderten von Experimenten. So funktionieren Webseiten."

Experimente seien dazu da, um Ideen auszuprobieren, für das Internet gebe es schließlich keine Blaupause, rechtfertigt sich Rudder.

Um die Wirksamkeit und Bedeutung der eigenen Matching-Algorithmen zu untersuchen, seien beispielsweise Usern eine mit 90 Prozent sehr hohe Übereinstimmung ihrer Profile angezeigt worden, die mit einem tatsächlichen Wert von 30 Prozent eigentlich gar nicht zu einander passten. Dies habe zu einem gesteigerten Kommunikationsverhalten beigetragen. Die Nutzer hätten mehr Nachrichten und früher ihre Kontaktdaten ausgetauscht. Nach dem Ende des Experiments seien die Nutzer über den tatsächlichen Prozentwert aufgeklärt worden, schrieb Rudder in einer Randbemerkung.

Bei einem weiteren Experiment wurden Textinfos der User über sich gezielt ausgeblendet, so dass ihre Profile von anderen Nutzern nur aufgrund des jeweiligen Profilfotos bewertet wurden. Dies hatte jedoch kaum einen Einfluss auf die Bewertung. Als Ergebnis betonte Rudder, wie zentral das Profilfoto wirke, während der Text eines Users geradezu nebensächlich sei.

Vor kurzem war publik geworden, dass Facebook die Newsfeeds von mehr als 300.000 Nutzern manipuliert hatte. Positive beziehungsweise negative Nachrichten waren herausgefiltert worden, um herauszufinden, wie dies das eigene Agieren auf der Plattform veränderte. Insgesamt waren von dem Experiment, das bereits Anfang 2012 stattfand, fast 700.000 Facebook-Nutzer betroffen. Das Experiment hatte Ende Juni große Entrüstung in den Medien und sozialen Netzwerken ausgelöst.