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Ausstellung „Alaïa“ im NRW-Forum Düsseldorf: Wenn Mode zur Kunst wird

von Portrait von Nina Loose Nina Loose
Veröffentlicht am 24. Juni 2013

Kunst und Mode befinden sich seit Jahrzehnten im Dauerflirt. Besonders in Düsseldorf, wo Königsallee, Ausstellungshäuser und Kunstakademie nur einen Katzensprung auseinander liegen. Im NRW-Forum Düsseldorf, das seit 8. Juni 2013 die Ausstellung „Alaïa. Azzedine Alaïa im 21. Jahrhundert“ zeigt, scheinen beide – Mode und Kunst –  vollkommen zu verschmelzen. Die Roben aus dem Couture-Haus "Alaïa" werden hier vom Kurator Mark Wilson (Groninger Museum) inszeniert wie autonome Kunstwerke. Dass sie ursprünglich nicht für ein Museum, sondern für den Laufsteg oder den roten Teppich geschaffen sind, gerät dabei leicht in Vergessenheit.

Anders als die vorangegangenen Fashion Shows über Catwalks (2005 und 2009) oder Vivienne Westwood (2006) ist die derzeitige Präsentation des NRW-Forums vor allem eines: in sich ruhend. Keine Musik, die aus dem Off pulsiert, kein unechtes Blitzlichtgewitter, weder Flat Screens noch Texttafeln lenken von den Exponaten ab. Alle Räume sind in gleichbleibend helles Licht getaucht, das die Farben und Texturen der Kleider unverfälscht zur Wirkung bringt. Von transparentem Chiffon schweift der Blick über zotteligen Pelz hin zu weicher Wolle. Er erkundet matte Tierhäute, hochglänzenden Lack und inspiziert fragile Lochstickkunst. Für noch mehr Klarheit sorgt die Raumkonzeption der Ausstellung: Jede Sektion ist farblich gekennzeichnet und widmet sich nur einem einzigen Material, wodurch die zahllosen Spielarten, wie man dieses verarbeiten kann, zutage treten. In gebührendem Abstand reihen sich die Kreationen aneinander, jeweils auf einem weißen Podest thronend. Von einer Begegnung vis-à-vis kann hier nicht die Rede sein, ist doch das Ausstellungsstück über den Ausstellungsgast stets erhaben. Genauso gehört es sich aber für eine Installation, will sie – geradeso wie der Designer – Kleidung zur Kunst machen.

Bereits bevor man sie zu Präsentationszwecken auf unbelebte Torsi drapiert, verleiht Azzedine Alaïa seinen Entwürfen etwas Skulpturales. Ihm kommt dabei zu Gute, dass er in jungen Jahren Bildhauerei studierte. Virtuos umhüllt der Tunesier den weiblichen Körper, akzentuiert deren Taille, wohingegen er die Hüfte unter einem Bausch aus edlem Gewebe verschwinden lässt. Weiter abwärts strömen Stoffbahnen kaskadenförmig gen Boden, um sich dort in ein wohlgeformtes Halbrund zu ergießen. Man denkt an Statuen, an Plastiken und fragt sich, inwieweit solche Roben noch tragbare Mode sein sollen. Zum Durchbruch verhalfen Alaïa während der achtziger Jahre seine körpernahen Schnitte, Latex- und Lederkleider, die durch Reißverschlüsse oder Schnürungen hauteng saßen. Ihnen verdankt er gleichermaßen seinen Ruf als King of Cling, als König der Klebefolie. Als solcher wird Alaïa im 21. Jahrhundert, da alle Welt im Retrofieber steckt, erneut gefeiert; andere Couturiers zitieren seine Stretchmode und er kleidet internationale Größen aus Film und Musik ein. Nach wie vor schafft Azzedine Alaïa, was man sich von einem Großmeister der Mode erhofft: Kleidung, die vorrangig Kunstwerk und – wenn überhaupt – erst sekundär Gebrauchsgegenstand ist. Das erschließt sich auch in seiner Düsseldorfer Couture-Ausstellung.

"Alaïa. Azzedine Alaïa im 21. Jahrhundert" ist vom 8. Juni bis 8. September 2013 im NRW-Forum Düsseldorf zu sehen.