Bushido macht mit "Stress ohne Grund" Jagd auf Claudia Roth, Klaus Wowereit und Kay One

von Portrait von Marlon Kumar Marlon Kumar
Veröffentlicht am 15. Juli 2013

Eigentlich hatte der Berliner Erfolgsrapper Bushido (Japanisch für 'Weg des Kriegers') das Image des Macho-Proll-Rappers in der Schein-Illegalität bereits aufgegeben: Aus dem bösen Buben wurde ein filigraner, philantropher und verheirateter Vater, der seine Fühler durch ein Praktikum bei der CDU bis in den Bundestag ausstreckte und sogar den Integrations-Bambi erhielt. Jetzt besinnt er sich zurück zu den Wurzeln und polarisiert vor Album-Release mit der Singleauskopplung "Stress ohne Grund", in der er unter anderem Jagd auf Homosexuelle, sowie Politiker wie Claudia Roth und Klaus Wowereit macht. Anscheinend war ihm das biedere Familienleben zu unspektakulär. Vielleicht ist es aber auch eine Marketing-Kampagne, die kurz vor dem Verkaufsstart seines neuen Albums Aufmerksamkeit ernten soll? Wer verkauft sich denn besser: Klassenprimus oder Klassenclown?

Alles deutete daraufhin, dass auch Bushido endlich erwachsen geworden ist. Dann zerstört er seinen Engelsruf mit homophoben, antisemitischen und frauenfeindlichen Hetz-Tiraden in seiner gewaltverherrlichenden Single "Stress ohne Grund": "Ich schieß auf Claudia Roth" und "ich will, dass Serkan Tören jetzt ins Gras beißt" – dazu donnern Schüsse im Hintergrund des Videos, das bislang über 340. 000 Klicks auf YouTube generierte. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth, Serkan Tören, Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit und Komiker wie Oliver Pocher und Cindy aus Marzahn sind Opfer seines vermeintlichen 'Diss-Tracks'. Auch Rapper Kay One, der sich von Bushidos Label trennte und nun eine erfolgreiche Solo-Laufbahn verfolgt, geriet ins Fadenkreuz.

Bushido macht mit "Stress ohne Grund" Jagd auf Claudia Roth, Klaus Wowereit und Kay One

Und warum das alles? Weil die Street-Credibility irgendwo auf den kommerziellen Sprossen seiner Karriereleiter verloren gegangen ist und die Kids, die einst seine Platten kauften, womöglich den Ghetto-Bezug nach einem Feature mit Karel Gott verloren haben. Daher wird das verstaubte Lexikon der Denunziation aus dem modernden Keller geholt und mit tosenden YouTube-Fanfaren verbreitet. Diese gezielte Verleumdung ist die Tat eines verzweifelten Rappers, der seiner drohenden Unglaubwürdigkeit entfliehen will. Allerdings gibt es genügend deutsche Sprechgesangsartisten, die beweisen, dass man auch ohne Rüpel-Image erfolgreich sein kann. Und wenn sie doch eins haben sollten, dann reflektieren sie ihr Machogehabe in den eigenen Texten sarkastisch (Kollegah und Farid Bang). Für diese Authentizität ist aber eine Prise Humor notwendig, die nicht jedermann mit sich bringt. Grünen-Sprecher Jens Althoff erwiderte: "Das hat nichts mehr mit Rap und Kunst zu tun." Bushidos ambivalentes Verhalten könnte einer Charakter(rück)entwicklung oder einer fiesen Werbemasche, die seinen Ruf als Prolet wiederherstellen soll, geschuldet sein. Oder sogar beidem.