Für und Wider - wie Judith Butler ins Kreuzfeuer geriet

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 12. September 2012

Politisch korrekt zu sein, ist schwer heutzutage. Wer an einem unfairen israelischen System herummäkelt, bekommt postwendend das Antisemitismus-Siegel aufgebrannt. Die Philosophin, Frauenrechtlerin und Autorin Judith Butler bekam das am eigenen Leib zu spüren. Als ihr jetzt der Adorno-Preis verliehen wurde, versammelten sich vor der Kirche in Frankfurt, in der der Preis überreicht wird, etwa 100 Protestanten - und ein paar wenige Butler-Befürworter. Die Frankfurter Rundschau berichtet:

Israel-Fahnen werden aufgehängt. Transparente entrollt: „Kein Adorno-Preis für Judith Butler. Keine Ehre für Israel-Hass“, „Gestern Nazis. Heute Hamas + Hisbollah!! Nazis = Hamas. Gerade in Frankfurt“. Vor der Paulskirche bildet sich ein Spalier, die Sicherheitsleute haben ihre Mühe. [..] Über hundert Menschen demonstrieren lautstark und mit Tröten gegen Judith Butler. Auf der anderen Seite steht ein versprengtes Häuflein Butler-Anhänger: „Thank you Judith“. mehr...

Die 56-jährige Amerikanerin ist die erste Frau der der Adorno-Preis verliehen wird. In ihrer auf deutsch gehaltenen Dankesrede ging sie nicht auf die Antisemitismus-Vorwürfe ein. Mit mehreren Zeitungsartikeln hatte sie schon zuvor auf die Vorwürfe reagiert und sie als Missverständnisse bezeichnet, die sie denunzieren würden. Die „Welt“ schreibt:

Der Zentralrat hatte die ebenfalls jüdische Intellektuelle eine «bekennende Israel-Hasserin» genannt und ihr vorgeworfen, sie rufe zum Boykott gegen Israel auf und halte Hamas und Hisbollah für legitime soziale Bewegungen. mehr...

Ob nun Anti-Israel oder nicht: Judith Butler verdient den Preis. „Ich bin überzeugt, dass selbst diejenigen, die sich an Butlers Thesen reiben, nicht umhin können, einzugestehen, dass sie als Philosophin und "public intellectual" eine Wirkung entfaltet, die weit über den universitären Raum hinausreicht“, sagte Felix Semmelroth, Kulturdezernent der Stadt Frankfurt. „Ihre Stimme [...] wird nicht nur gehört, sondern hat Gewicht, wird wahr- und ernstgenommen und dies unweigerlich nicht immer mit Wohlgefallen.“