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Mut zum Fetisch!

von Portrait von Julia Grimm Julia Grimm
Veröffentlicht am 14. Februar 2017

Der zweite Teil von 50 Shades of Grey ist in den Kinos angelaufen und heute ist immerhin Valentinstag, der in Amerika auch mehr oder weniger zum Tag des Kondoms gekürt wird, da es meist dann doch nur um das Eine geht: Sex. Ein Plädoyer an den Fetischismus.

Man kann von E.L. James und ihrer Fanfiktion zu der Twilightsaga halten was man möchte, jedoch hat dieser ganze Shades of Grey Hype eines ganz sicher bewirkt: der Fetischismus ist aus der Schmuddelecke zwielichtiger Sexshops heraus direkt in die Lichtspieltheater, Homekinos und letztendlich auch in die Schlafzimmer der Republik eingezogen. Nicht umsonst bewirkte der Release des ersten Teils der Sadomaso-Liebesstory einen regelrechten Boom in der Sexspielzeugbranche.

Gerade auch Frauen sind gegenüber dem Thema offener. Das allein zeigt schon die sehr weiblich angehauchte Werbung von Eis.de.  Eis.de beschäftigt sich auch mit den Orgasmus-Problemen der Frau. Mit dem Satisfyer Pro 2 kam ein Sextoy auf dem Markt, der sich ganz und gar der weiblichen Lust widmet. Endlich darf frau sich mehr oder weniger offen einen Vibrator leisten, schick und edel, nichts da mit Hinterzimmererotik. 50 Shades of Grey hat da auch seinen Teil zu beigetragen, dass sich die sexuelle List langsam enttabuisiert. E.L. James versteht zwar nicht wirklich, was beim BDSM so abgeht, dass es mehr um Respekt geht, als um einen kontrollsüchtigen Mann, jedoch verbindet sie die verbotene Frucht der sexuellen Erregtheit mit (wenn auch kitschiger und manchmal zweifelshafter) Romantik und macht es am Ende gesellschaftsfähig. Man (und frau) darf offen sagen: „Ja ich habe das Buch gelesen und gehe in den Film! Und ich steh drauf“. Es gibt sie zwar immer noch, die Stimmen die genau das ächten und verachten. 50 Shades of Grey polarisiert wie einst Tokio Hotel, gerade auch Frauenrechtlerinnen laufen auf die Barrikaden, dass das kein gutes Bild einer echten Liebe wäre, denn Christian Grey tut im Grunde nur eins: Anastasia Steels Leben durchdiktieren, nicht nur im Bett. Jedoch hat das, obgleich der Film die Tür zum Fetischismus geöffnet hat, nichts mit dem Fetischismus in seiner Reinform zu tun.

Mut zum Fetisch!

Letztendlich sollte man sich erstmal klar machen, was ein Fetisch überhaupt ist. Es verhält sich nämlich mit dem Begriff ähnlich wie mit dem Begriff der Sekten. Denken Sie an eine Sekte und Sie denken vielleicht an Scientology. In der Religionswissenschaft ist dieser Begriff jedoch verpönt, da es ein Gefühl beschreibt. Wo machen Sie Sekten fest? An ihrer Zwielichtigkeit? Ist die katholische Kirche mit ihrem Konklave nicht auchzwielichtig? An der Größe der Anhänger? Wo ist dann da die Grenze? Im Grunde ist auch die katholische/ protestantische/ buddhistische Kirche eine Sekte, es kommt immer auf den Standpunkt an.

Ähnlich verhält es sich mit Fetischen. Man kann nicht genau sagen, wo die Grenzen liegen, denn Fetische sind sehr individuell. Es geht hierbei um ein Gefühl, das animalische Verlangen, dass in uns ausgelöst wird und uns nur noch Lust, Empfindung und/oder Liebe schenkt. Dabei kann der bloße Umstand, dass man auf Männer oder Frauen oder Beides steht als Fetisch verstanden werden, oder an bestimmten Dingen festgemacht werden, wie Füße, Lack und Leder, Fesseln etc. Ich behaupte, dass jeder somit ein Fetischist ist – natürlich gibt es hier Grenzen, ähnlich warum einige religiöse Gemeinschaften verboten werden: nämlich die Grenzen und Rechte des Anderen. In der Verhaltenstherapie gilt auch die Devise, dass ein Fetisch zu einem Problem werden kann, wenn es die Sexualität ersetzt oder es ohne diese Auslebung unmöglich scheint oder erschwert, in einer Partnerschaft glücklich zu werden. Aber wie schön ist es doch eigentlich, wenn man seinen Fetisch mit jemanden ausleben kann, als kleines Extra-Bonbon. Mit jemanden, der Verständnis dafür hat und begreift, was das in einem selbst auslöst und nicht verpönt und in eine Schmuddelecke stellt und damit nur bewirkt, dass der Andere sich schlecht fühlt, für seine Gefühle.  

In der heutigen Welt, in der Welt wo Pornografie jeglicher Art nur einen Mausklick entfernt ist, ist es einfacher als eh und je seinen Fetischen auf den Grund zu gehen. Und dabei ist es egal, ob es jetzt Füße, Fesseln oder Öl-Massagen sind. Solange Sie sich nicht selber oder ihre Mitmenschen ernsthaften Schaden zufügen, sollten Sie auf die Suche gehen, jenseits von Anastasia Steel und Christian Grey. Seinen eigenen persönlichen Fetisch finden und die Liebe entdecken, die der Fetischismus auslösen kann. Denn Fetisch hat auch die Bedeutung: „Ein Gegenstand, dem man magische Kräfte zuschreibt.“ Und am Ende ist Sexualität in all seinen Farben, Facetten und Ausübungen, am Ende ja doch nur eins: die Magie der Liebe.