"Das Rheingold" wurde bei den Bayreuther Festspielen aufgeführt. Buh-Rufe statt Applaus

von Portrait von Lisa Siewert Lisa Siewert
Veröffentlicht am 29. Juli 2013

Etwas misstrauisch erwartet wurde er schon, der erste von Frank Castorf inszenierte Teil der "Ring-Saga" bei den Bayreuther Festspielen. Der Skandal-Regisseur, über den wir bereits berichteten, hat sein "Rheingold" am letzten Freitag wirklich neu gestaltet: Motel statt "Burg Walhalla", Öl statt Gold, Pool statt Rhein. Als der Vorhang fällt, gibt es zwischen den lauten ´Buh-Rufen´ nur vereinzelnd ´Bravos´ zu hören. Warum hat diese Aufführung polarisiert?

Zunächst einmal muss man sich das Bühnenbild vor Augen rufen: Ein schäbiges Motel mit Pool, ein Schild mit der Aufschrift „Route 66“, eine heruntergekommene Tankstelle und dann lassen sich die Darsteller zum Trällern auch noch auf Campingstühle darnieder.  Insgesamt wirkte das Ganze eher heruntergekommen als elegant. Der Spiegel mag jedoch aus dieser Mischung aus Macht, Gewalt und Verbrechen eine Kritik Castorfs an aktuellen Themen wie der NSA sehen. Gott Wotan, der seine Schwester Freia gegen den Bau der Burg Walhalla eintauscht, ist ein schmieriger Gauner und Urmutter Erda eine Bordellbesitzerin. Die beiden vergnügen sich dann auch in einer Szene miteinander. Allgemein ist die Castorf-Inszenierung ziemlich frivol, aber sobald Götter involviert sind kann man das wohl nicht vermeiden. Castorfs Interpretation des "Rheingoldes" ist ergänzt durch Videoleinwände, auf denen aberwitzige Szenen das Stück untermalen oder eine Parallelhandlung entwickeln. Ein Kameramann begleitet die Darsteller.

Als der letzte Akt beendet ist und sich der Vorhang  schließt, kommt was kommen musste: Die Zuschauer sind zwiegespalten angesichts der zwar  unterhaltsamen, jedoch auch völlig verrückten Interpretation des „Rheingolds“. Die meisten von ihnen entscheiden sich für Buhrufe, wenige sind positiv überrascht. Die Bild berichtet, dass Castorf und sein Team nicht auf die Bühne treten, um sich vor dem Publikum zu verneigen und den wenigen Applaus zu genießen.

Richard Wagners "Ring des Nibelungen" ist eine Tetralogie, der zweite Teil „Die Walküre“ wurde am Samstag aufgeführt. Dem Stern zufolge war dieses Stück wesentlich beliebter auf Bayreuths grünem Hügel. Dies sei jedoch nicht dem Regisseur Castorf, sondern eher den Sängern und dem großartigen Kirill Petrenko, dem Dirigenten, zu verdanken. „Die Walküre“ spielt in Aserbaidschan und vor dem Hintergrund der dortigen Ölförderung. Eine direkte inhaltliche Verbindung zum ersten Teil schien es jedoch nicht zu geben.

Angesichts dieser zwei unterschiedlichen Erfahrungen dürfen die Besucher in Bayreuth wohl weiter gespannt bleiben, wie der nächste „Ring des Nibelungen“-Teil von Castorf werden wird. Er selbst hatte im Vorfeld bescheiden bemerkt, er habe nicht vor einen „Jahrhundert-Ring“ zu poduzieren, eher einen "Jahres-Ring“. Gesprächsthema ist er in diesem Jahr auf jeden Fall. Fraglich ist, wie das Resumee über Frank Castorf und seinen Ring in Bayreuth ausfallen wird.

"Das Rheingold" wurde bei den Bayreuther Festspielen aufgeführt. Buh-Rufe statt Applaus