Ein Western im Schnee

von Portrait von Carlotta Cornelius Carlotta Cornelius
Veröffentlicht am 17. Oktober 2014

Im Rahmen der Cologne Conference wurde am 7.10 die neue FX-Miniserie Fargo vorgestellt. Ich war dabei und habe mir gleich einen Eindruck von den ersten zwei Folgen verschafft.

Der erste Eindruck soll den Rest der Serie bestimmen. In der eisigen Weite Minnesotas fährt ein einsamer Wagen die Straße entlang, seine Fahrt untermalt von atmosphärisch wummernden Klängen. Von der ersten Minute an, zieht die Pilotfolge den Zuschauer in seinen Bann.
Die Musik ist es teilweise auch, die den Eindruck vermittelt Fargo sei eine Art neuzeitlicher Western, das Auto kein Auto sondern ein Ross und der gefesselte Mann im Kofferraum ein gefangener Bandit, während der Sheriff die Zügel fest im Griff hat.
Die Handlung ist sowohl simpel als auch verzwickt: Als Lorne Malvos Auto nahe Bemidji, Minnesota von der Straße abkommt und sein Gefangener in Unterwäsche vom Kofferraum in den nächtlichen Wald flieht, gerät der Stein ins Rollen. In der Notaufnahme trifft Lorne zufällig auf den lädierten Versicherungskaufmann Lester Nygaard, der zuvor im Zuge eines Streits mit seinem ewigen Piesacker Sam Hess k.o. gegangen ist. Um sich für einen spendierten Eistee zu revanchieren macht Lorne Lester ein Angebot, auf das dieser erst mit Bestürzen reagiert, es dann jedoch unwissentlich annimmt. Kurz darauf ist Hess tot …

Mit atmosphärisch gegensätzlichen Bildern – auf der einen Seite die grelle Weiße der verschneiten Landschaft, auf der anderen die düster bedrückende Enge der Häuser – gelingt es Fargo dem Zuschauer ein Gefühl für den Stoff der Serie zu vermitteln und die Handlungen der Protagonisten ein Stück weit verständlicher zu machen. Wie schon die Musik zu Beginn hat vermuten lassen, bestätigen die eindringlichen, ungeschönten Aufnahmen den Eindruck eines Westernfilms, allem voran Lorne Malvo (gespielt von Billy Bob Thornton), der mit seiner skrupellosen und zugleich ruhig distanzierten Art den Western-Banditen schlechthin gibt. So düster der erste Eindruck auch sein mag, so entbiert die Serie doch nicht einer gewissen Komik: So kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen, wenn ein unschuldig Verdächtigter zu „Full Moon“ kopfüber im Eis versenkt, oder eine kaputte Waschmaschine unfreiwillig zum Tatwaffenversteck umfunktioniert wird. Es ist dieser typische Breaking-Bad-Humor, der irgendwie kein Humor sein soll, aber angesichts der teilweise schon absurd abartigen Ereignisse zu eben so einem mutiert. Die grandiosen Darsteller, u.a. Martin Freeman und Bob Odenkirk (der ja auch in Breaking Bad zu sehen war), sowie Allison Tolman als übereifriger Polizistin, sind schließlich das Tüpfelchen auf dem "i" einer grandiosen Serienproduktion und mit Schuld daran, dass es – zumindest für mich – nicht bei den ersten zwei Folgen bleiben wird.

Fargo feierte am 16. September mit dem Start der VoD-Plattform Netflix in Deutschland Premiere.


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