You Me at Six

Rockband

von Portrait von Arzu A. Kayvani Arzu A. Kayvani
Veröffentlicht am 5. März 2014

Ihr kennt Euch schon ziemlich lange. Seid Ihr schon seit Eurer Kindheit befreundet oder war es explizit die Musik, die Euch zusammen gebracht hat?

Josh: Ich glaube Ihr kennt Euch schon ziemlich lange (an Matt und Chris gewandt).
Matt: Ja, wir sind schon ziemlich lange befreundet. Seit wir 15 sind. Wir waren in der gleichen Musikszene und haben unsere Freundschaft über die Musik entwickelt, so bis wir 16/17 waren.
Josh: Aber wir sind jetzt nicht zusammen zu Schule gegangen oder so. Wir haben uns immer wieder auf verschiedenen Gigs gesehen und uns so kennen gelernt. So ist die Band zusammen gekommen. Bis jetzt auf Matt und Chris – die waren vorher schon befreundet. Also im Grunde genommen hat uns schon die Musik zusammen gebracht.
 

Ihr habt Eure Band aber schon in ziemlich jungen Jahren gegründet und seid mehr oder weniger in ihr aufgewachsen. Hat es einen großen Einfluss auf Eure Musik, dass ihr diese musikalische Entwicklung gemeinsam durchgemacht habt? Ich denke da an Casting Bands, die dieses gemeinsame Fundament, diese gemeinsame Entwicklung ja nicht haben.

 
Josh: Dass wir unsere Karriere in so jungen Jahren begonnen haben und mit 16/ 17 Jahren angefangen haben, gemeinsam Musik zu machen, heisst, dass wir unsere Musik machen. Ich denke, dass wir alle so jung waren und aus der selben Gegend stammen, die gleiche Musik und die gleichen Band lieben, hat natürlich den Sound unserer Musik beeinflusst. Genau so wie der Umstand, dass wir seit Jahren gemeinsam auf Tour sind, gemeinsam Musik machen, ja eigentlich auch gemeinsam leben – ich bin mir sehr sicher, dass dies unsere Musik, so wie wir sie jetzt machen, sehr beeinflusst hat. Wir kennen uns gegenseitig so gut, wir können die Stimmung des jeweils anderen lesen.
 
Matt: Wir sind auf jeden Fall als Musik zusammen gewachsen.
 

Ich habe eine lustige Geschichte gelesen über Euren Bandnamen. Ist es wahr, dass Ihr bei Eurem ersten Gig keinen Bandnamen hattet und weil der Gig um 18:00 Uhr war, habt ihr auf die Schnelle entschieden, die Band soll „You Me at Six“ heissen?

 
Das ist eine coole Story. (alle lachen) Stimmt aber so nicht. Es ist wahr, dass wir einen Gig hatten und nach einem Bandnamen für die Flyer gesucht haben. Ich glaube es war Max, der die Idee hatte, eine Phrase zu nehmen, die wir oft benutzen. Wenn wir uns treffen wollen und verabreden etwa, texten wir uns oft zB  „you me at six“. Das haben wir dann gemacht und den Namen für die nächsten Gigs beibehalten. Wir hatten immer vor, ihn dann irgendwann zu ändern, aber dazu ist es bis jetzt nie gekommen.
 

Wieso? Der Name ist richtig gut.

Ihr wart in der Vergangenheit Vorgruppe von Paramore and 30 seconds to Mars. Gibt es Bands, mit denen Ihr gerne einmal auftreten würdet?

 
Matt: Ich wünschte, wir könnten das ganze Jahr mit Paramore touren, das ist die beste Band, mit der wir gespielt haben. Sie passen gut zu uns; die Musik stimmt, Atmosphäre stimmt, die Stimmung untereinander und mit dem Publikum. Es war alles sehr gut – ja, ich denke, mit Paramore würden wir gerne wieder spielen.
 
Josh: Das gilt natürlich für die Bands der heutigen Zeit. Es gibt einige Bands und Musiker, mit denen wir gerne Musik machen und auftreten würden, doch dazu werden wir leider nie die Gelegenheit bekommen. Das sind zum Beispiel Bands wie The Police oder die Rolling Stones.
 

Ich habe gelesen, dass Euch viele mit Fall out Boy vergleichen. Gefällt Euch der Vergleich? 

 
Josh: Vielleicht, als wir jünger waren, mag der Vergleich eher zugetroffen haben. Bei unseren ersten zwei Alben haben wir versucht, dem Sound und dem Erfolg derjenigen Bands nachzueifern, die wir zur damaligen Zeit gehört haben. Fall out Boy war eine dieser Bands. Wir mögen Fall out Boy, aber ich denke heute gibt es eine ganz klare Abgrenzung zwischen Yiu me at six und Fall out boy. Wir haben uns sehr stark weiter entwickelt und unseren eigenen Sound und unsere eigene Indentität gefunden. Fall out Boy ist eine Band und wir sind eine andere Band. Aber es sind tolle Musiker und es ist keineswegs ein unangenehmer Vergleich. Es ist allemal besser, als wenn man sagen würde, ihr klingt wie Shit…
 

Habt Ihr das Gefühl, Ihr habt eine sehr große musikalische Entwicklung durchgemacht?

 
Matt: ja, das auf jeden Fall. Wir haben zuletzt mit Neal Avron zusammen gearbeitet, dem Producer von Linkin Park, und das hat unsere Musik wirklich sehr beeinflusst. Er hat unseren Sound sehr geformt.
 
Josh: Ja, ich denke, dass akustisch gesehen wir  von Sinners never sleep  und Hold me down über unsere letzten Alben bis hin zu Cavalier Youth jetzt viel tiefgründiger klingen. Wie eine band, die ihren Sound gefunden hat. Das ist eine wirklich große Entwicklung.
 

Wie kommt Ihr auf den Namen für Euer aktuelles Album Cavalier Youth?

 
Josh: Wir mochten das Wort Cavalier, denn es ist ein so ausdrucksstarkes Wort, so wie wir uns damals gefühlt haben: entspannt, frei im Geist und  begeistert darüber, vorwärtszukommen. Und das Album ist für uns um einiges positiver, sowohl was die Texte, als auch den Sound betrifft. Es hört sich heller an. Ich weiss, das klingt seltsam und ich hoffe, Ihr versteht, was ich meine. Vieles davor hörte sich schwerer, rockiger und dunkler an; Cavalier Youth dagegen klingt heller und viel positiver an. Daher mochten wir die Idee, das Album Cavalier Youth zu nennen.
 

Habt Ihr einen Lieblingssong auf dem Album?

 
Matt: Ich denke, Cold night und Forgive and Forget …bin mir nicht sicher…was denkt Ihr?
 
Josh: Das Gute an Cavalier Youth ist, dass alle Songs vom ersten bis zum zwölften unterschiedlich klingen, ihren eigenen Sound haben, aber deutlich zeigen, dass sie von derselben Band sind. Das ist etwas, worauf wir uns sehr konzentriert haben, als wir das Album aufgenommen haben. Auf unseren früheren Alben hatten wir mal einen lauten, harten Song, mit Schreien und Brüllen und dann als nächstes einen romantischen, leisen Lovesong, mit Streichern – das mag für einige etwas konfus geklungen haben. Unser Ziel für Cavalier Youth war es, ein „einheitliches“ Album aufzunehmen, wo die Songs stimmig sind und zueinander passen. 
 

Ihr habt eben erzählt, dass Ihr mit dem Producer von Linkin Park zusammen gearbeitet habt. Insbesondere der zweite Song auf dem Album hat uns stark an die früheren Werke von Linkin Park erinnert.

 
Josh: Ja, ich denke das liegt an dem Producer Neal, der auch mit Linkin Park zusammen gearbeitet hat. Ich bin sicher, dass seine Arbeit mit anderen Musikern, wie Linkin Park, Fall out Boys oder Aerosmith auch ihn beeinflusst hat und im Gegenzug er all diesen Bands und auch uns jetzt bei Cavalier Youth seinen Einfluss beisteuert. 
 

Was haltet Ihr davon, Bands bestimmten Genres zuzuordnen. You me at six werden ja zig Genres zugeordnet – Indie, Emo, Pop-Rock. Gefällt Euch das? Wo würdet Ihr Euch sehen?

 
Chris: Wir selbst sehen uns als Rockband. Natürlich empfindet jeder Zuhörer das möglicherweise anders und ordnet uns irgendwo zu. Wir sind jedoch von Anfang an ganz klar eine Rockband. 
 

Gibt es ein Land, wo Ihr wirklich gerne einmal auftreten würdet?

 
Matt: Am Nordpol
 

Am Nordpol?

 
Josh: Wir hatten wirklich das Glück, schon so viele Länder gesehen zu haben. Südamerika wäre toll, oder Südafrika. Ich würde auch gerne wieder in Japan auftreten. Das erste Mal dort waren wir noch sehr jung und ich denke, wir würden es jetzt mehr zu schätzen wissen. Das ist auch mit Deutschland so. Die Erfahrung hier zu spielen mit 16/17 war ganz anders, als jetzt mit 24. Wir lernen auf all unseren reisen immer wieder dazu. Es ist aufregend, immer wieder an einen anderen Ort zu reisen. Gestern England, New York, heute Deutschland – wir sehen die Welt.
 

Ihr seid auf vielen Bühnen aufgetrete und habt oft live performed. Wo hattet Ihr das tollste Feedback vom Publikum?

 
Matt: Auf alle Fälle in Großbritannien, vielleicht in Schottland. Das schottische Publikum dreht durch, wenn wir spielen. Man schätzt es dort sehr, wenn wir kommen und auftreten.
 
Josh: Ja, wir hatten unser Nr. 1 Album in England und England ist sozusagen unser Hauptort/Standort. Man kennt uns dort und daher ist es immer toll, dort aufzutreten. Aber wir hatten auch eine tolle Zeit in Indien oder Deutschland auch. Wir kommen in ein paar Wochen ja auch wieder her. 
 

In Köln seid Ihr ja Ende März wieder, am 20.03.

 
Josh: Ja genau, in der Kantine. 
 
Matt: Es ist toll, Köln, Hamburg, Wiesbaden sind ausverkauft und ich glaube München und Berlin haben nur noch wenige Tickets übrig. Wir hatten vorher nie ausverkaufte Konzerte in Deutschland.
 

Gibt es einen Ort, wo ihr niemals auftreten würdet?

 
Josh: Ich denke nicht, dass wir irgendwelche Vorbehalte gegenüber irgendwelchen Orten haben, solange unsere Sicherheit gewährleistet ist. Wir spielen überall. Wir waren ja auch in der Vergangenheit an unterschiedlichen Orten. In Indonesien etwa haben wir vor 40 Leuten gespielt und es war in jeden Fall wert, allein um das Land und die Leute zu sehen. Und es waren immerhin 40 Leute in Indonesien, die uns sehen und hören wollten. Die Band ist unser Behelf, um die Welt zu bereisen. Wir wollen alles sehen.
 

Ich bin mir fast sicher, dass die Antwort zu meiner nächsten Frage „nein“ sein wird, aber dennoch: Gab es jemals einen Plan B zur Musikkarriere?

 
Josh: Ich war drauf und dran ein Profi-Fussballer zu werden. 
 

Wirklich?

 
Josh: Ja, wirklich …. Nein, ich mach nur Spaß!
 
Matt: Also ich habe die Schule verlassen, als ich 16 war und die anderen? (zu Chris) Du hast das College beendet, oder?
 
Chris: Ja
 
Matt: Ja, aber grundsätzlich haben wir uns alle schon in jungen Jahren der Musik verschrieben und nichts anderes als Musik gemacht. Ich will es mal so ausdrücken: Wenn wir einen Plan B gehabt hätten, hätten wir auch einen Plan B gebraucht. 
 
Josh: Für viele wichtige Sachen im Leben muss man bereit sein, Risiken einzugehen. Ich bin sicher, dass unsere Eltern besorgt darüber waren, dass wir die Schule verlassenhaben, nicht studiert haben und keine „ordentliche“ Ausbildung gemacht haben, aber zwischenzeitlich werden auch sie erkannt haben, dass es nicht die schlechteste Entscheidung von uns war. Wir hatten auch Glück, dass der Erfolg so lange anhält und hoffentlich noch lange anhalten wird.
 

Aber Ihr wart auch sehr fleißig in den vergangenen acht Jahren. Ihr habt viele Alben aufgenommen und wart oft auf Tour, habt Euch selten ausgeruht.

 
Josh: Das ist ein teil der Musikindustrie. Du musst immer alles geben, wenn Du erfolgreich sein willst. Das ist der Wettbewerb. Das ist wie im Sport und anderen kreativen Arbeiten. Ab einem gewissen Level musst Du wirklich kontinuierlich Leistung bringen und hart arbeiten. Wenn nicht, kommt eine andere Band oder ein anderer Künstler und nimmt Deinen Platz ein.
 

Wie siehst es mit dem Privatleben aus? Gibt es ein Privatleben bei all der Arbeit?

 
Josh: Ja, doch, Privatleben ist möglich. So wie wir viele Opfer in unserer Karriere bringen, für unsere Crew, unser Management, bitten wir auch unsere Familien, Freundinnen oder Partner, Opfer für uns zu bringen. Das ist wohl das schwierigste; es irgendwie zu organisieren, die Leute, die einem am herzen liegen, zu sehen und Zeit mit ihnen verbringen zu können. Die anderen haben letztlich auch ihr Leben und Du kannst nicht einfach mal nach Hause kommen und erwarten, dass sie jetzt sofort ihr Leben für Dich unterbrechen, um mit Dir zu sein. Du vermisst sie, sie vermissen dich – ja es ist schon schwierig. Aber meistens klappt es ganz gut. In dieser Beziehung haben wir wohl Glück.
 

Vielen Dank für das nette Interview und bis bald in Köln.