Melek Yaprak

DJane, Fotografin, Model

von Portrait von Arzu A. Kayvani Arzu A. Kayvani
Veröffentlicht am 21. November 2012

Melek, erzähle uns ein wenig über Dich. Wo kommst Du her? Wo lebst Du heute? Was machst Du so?

Ich komme aus dem Norden Deutschlands und bin vor 11 Jahren nach Köln gezogen. Zwischenzeitlich habe ich in Mexiko, Kroatien, Istanbul und im schönen Schwarzwald gelebt. Ich habe immer einen gepackten Koffer parat. Akute Reiselust und unaufhörliches Fernweh sind etwas, womit ich leben muss. Je weiter weg das Land, desto interessanter ist es für mich. Jeder der kann, sollte einmal eine Reise alleine unternehmen. Am besten mit einem Rucksack quer durch einen beliebigen Kontinent und dann mit Krachern von Geschichten, aber vor allem mit einem gigantisch erweiterten Horizont zurückkommen. Man ist gezwungen, automatisch Gewohnheiten abzulegen, weil z. B. der Wasservorrat tatsächlich nur fürs Trinken da ist und nicht für die Anwendung von Chemiekeulen wie Haarspülung. Oder in einer Hängematte am Strand zu schlafen und tausend Tode zu sterben, weil man die Geräusche, die aus der Dunkelheit kommen, nicht zuordnen kann. So kann man sich am besten mit sich selber befassen, man durchlebt quasi alle Emotionen, auch die, die man gerne verdrängt, wie z. B. Einsamkeit, weil man das Erlebte gerne mit seinen Liebsten daheim teilen würde. Eine weitere Überraschung hat so eine Reise dann am Ende noch: Hat man sich an das Alleinsein gewöhnt, trifft man einemillionprozentig zufällig jemanden aus Köln, der wie aus dem Nichts vor einem steht! Das ist mir bereits 2 mal passiert. Einige Eindrücke schreibe ich auf www.mokistories.wordpress.com nieder. 

"Akute Reiselust und unaufhörliches Fernweh sind etwas, womit ich leben muss"

Du machst Musik, legst auf. Wie hat das angefangen? 

Eine tiefe Verwurzelung zur Musik gab es bei mir immer schon. Damals habe ich unzählige Mixtapes auf Kassette kreiert, so richtig mit Bänder schneiden und akribischem Ankleben an der richtigen Stelle. Wat fürn Aufwand! Das waren ganz schöne Hip Hop  und Rn’B Perlen. Ich studierte die Texte von Fresh Familee oder Cora E. und groovte im Sound von Jodeci und Bel Biv Devoe. Zur elektronischen Musik bin ich 1998 dann über ein Schlüsselerlebnis auf einer Jungle Party gekommen. Das war für mich total fremdartige Musik oder Krach mit gebrochenen Rhythmen und synthetischer Klangfarbe. Ich stand lange da und hab erstmal nur geglotzt. Und dann, spät in der Nacht, machte dann doch alles einen Sinn, als ich die mir so bekannten Vocals aus Case „Touch me, tease me“ mit Foxy Brown  zwischen den Breakbeats erkannte! Etwas Vertrautes. Gleich darauf haute mich dann Baby D. mit „I need your lovin’“ um, was ich übrigens heute noch genial finde. In den Kölner Clubs habe ich die Vielfalt vermisst. Ich fand die Idee, elektronische Musik mit Hip Hop Elementen zu mischen, sehr interessant. Das war dann der Auslöser dafür, selber Musik machen zu wollen. Deswegen machen mir im Moment die clubtauglichen Tracks von Solomun und Mat.Joe richtig viel Spaß.

"Damals habe ich unzählige Mixtapes auf Kassette kreiert, so richtig mit Bänder schneiden und akribischem Ankleben an der richtigen Stelle"

Was war bisher Dein schönstes Erlebnis in Sachen Musik?

Mit zwei wunderbaren Violinistinnen und einem der besten Saxophonisten wie Chris Engel aus Oslo mein Set am Strand in Kroatien spielen zu dürfen. Das war einfach abgefahren, was für ein Jam daraus entstanden ist und dann auch noch das weite Meer vor Dir... Am Tag darauf dann mit einer Zigeunerblaskapelle, die dann unangemeldet mein Set stürmte und musikalisch untermalte. Balkan spiel ich eh gern und ich wollte so was immer schon ausprobieren. Uns alle hat das total geflasht. Vor allem gerockt hat’s!

Wovon träumst Du? 

Ach, ich hab ganz viele Träume: Tägliche Massagen für mich und meine Freunde, kabellose Elektronik, die Überführung des elendigen Fahrraddiebs vom Eigelstein und die Genugtuung, seine miese Fresse gegen eine Häuserwand zu schlagen.

Gibt es etwas, was Du außerhalb der Musik unbedingt ausprobieren bzw. in die Tat umsetzen möchtest?

Auf meinen Reisen fange ich mit meiner Kamera bewegende Momente ein. Fotografie bedeutet für mich die Verewigung und Veranschaulichung eines Zaubers, der nur Bruchteile einer Sekunde andauert. Kinder liefern mir oft die beeindruckendsten Momente. Manchmal haben sie so einen weisen Blick, obwohl sie noch so klein sind. In den Gecekondus von Istanbul habe ich einen 11-jährigen Jungen fotografiert, der auf einem verschlissenen Lederfussball hockte. Er erzählte mir, wie er mit seiner Familie das schöne Konya verlassen hat, um in Istanbul ein besseres Leben zu beginnen. Doch jetzt müsse er in einer Blechhütte leben, nur geduldet und ohne schulische Ausbildung. Er trug eine abgenutzte Jeans und Plastikpantoffeln. Im November.  Augenblicklich schämte ich mich für meine Wohlstandsprobleme in Deutschland. Mit einer unfassbar erwachsenen Überzeugung erzählte er mir von seinem Plan, Profi-Fussballer zu werden. Ein Optimismus am Start, den ich hätte mit Millionen aufm Konto nicht kaufen können! Und dieser tiefe Blick, während er es mir erzählte... Den habe ich festgehalten. Mein Fokus liegt weiterhin in der Fotografie. Aber ich denke auch schon lange über einen Film nach, der den traditionellen und den modernen Teil der Türkei beschreibt.

Du lebst in Köln. Wohin führst Du Gäste aus, die Dich in Köln besuchen? Was müssen die auf jeden Fall sehen?

Zu mir nach Hause oder zu guten Freunden an eine lange Tafel mit vorzüglichem Essen. Wenn ich in einer anderen Stadt zu Besuch bin, freue ich mich besonders über gutes Essen. Kulinarisch würde ich also meine Gäste z. B. ins Max Stark ausführen. Für ein schnelles aber richtig gutes Mittagessen empfehle ich das M4 im Mediapark. Die Weidengasse bietet von Grillfleisch bis hin zu meiner Lieblingssüssspeise Kaymakli Künefe zahlreiche Leckereien. Abends dann zur Base in die Barracuda Bar oder ins Elektra. Am nächsten Tag ins Mediterana und dann ins Miss Päpky oder Cafe Wahlen für ein sündhaft leckeres Stück Torte!

"Fotografie bedeutet für mich die Verewigung und Veranschaulichung eines Zaubers, der nur Bruchteile einer Sekunde andauert"

Wohin ging Deine schrecklichste Reise?

Im Dschungel von Palenque in Mexiko habe ich mal meine ganzen Wertsachen verloren. Kein Ausweis, keine Bankkarte, kein Bargeld mehr... Ein Schwuler aus New York, den ich gerade mal drei Stunden kannte, hat mir ausgeholfen. Das war der einzig erschreckende Teil.

Kannst Du Dich an Dein peinlichstes Date erinnern?

Nein.

Wann hast Du Deine letzte gute Tat vollbracht?

Dadurch dass ich für das English House for little Kids tätig bin, passiert das öfters.

"Im Ozean ohne Sauerstoffzufuhr ewig tauchen zu können"

Wenn Du Dir eine magische Kraft aussuchen könntest, welche wäre das?

Von oben zu erkennen, über welches Land wir grad fliegen, wenn ich im Flugzeug sitze. Man erkennt zwar Felder und Städte, aber man weiß nie so richtig, welcher Ort ist das unten jetzt? Und: Im Ozean ohne Sauerstoffzufuhr ewig tauchen zu können.

Melek, was steht als nächstes an?

Viele Fotoprojekte vor und hinter der Kamera. 

 

Dafür wünschen wir Dir viel Erfolg und vielen Dank für das tolle Interview!

 

Und hier für Euch Meleks Dates:

 24.11.12 Mios, Bergisch Gladbach

01.12.12 Suicide Circus, Berlin

15.12.12 Barracuda Bar, Köln

 21.05.13 Hvar, Croatia mit Shantel