Martin Brückner

Liederschreiber, Gitarrist und Sänger

von Portrait von Karoline Sielski Karoline Sielski
Veröffentlicht am 14. September 2012

Martin, erzähl uns doch bitte etwas über Dich selbst – wo wurdest Du geboren? Wo lebst Du im Moment?

In Moers am Niederrhein wurde ich geboren und wohne seit 2006 zum Studium in Köln.

Hast Du einen Lieblingsort in Deiner Stadt?

Im Moment wohl die Kletterfabrik in Köln-Ehrenfeld, wo ich ziemlich oft bin, und den Rathenauplatz mit einem Bier und Freunden bei schönem Wetter abends. Ansonsten mag ich die Wege kreuz und quer mit dem Rad durch die Stadt oder wenn ich zum Laufen am Rhein zwischen Hohenzollern- und Mülheimer Brücke unterwegs bin.

Bist Du ein richtiger Stadtmensch oder kannst Du auch problemlos in einer Berghütte oder auf einem Bauernhof leben?

Beides zieht mich irgendwo an. Ich mag es, in der Stadt zu leben und mich spontan mit Freunden treffen zu können, aber um das auch wirklich schätzen zu können, zieht es mich immer wieder mal raus aus der Stadt, vor allem in die Berge, wo man allein ist. Die meisten Berghütten sind da oft auch überfüllt und nicht so romantisch, wie man sich das oft vorstellt.

"Alternative Rock mit experimentellen und jazzigen Einflüssen"

Wie würdest Du die Musik von Coffin Zone beschreiben?

Als Alternative Rock mit experimentellen und jazzigen Einflüssen.

Euer Bandname dreht sich um die Zone ab 10 Metern über dem Erdboden beim Klettern, richtig? Seid ihr denn Kletter-Fans? Erlebt ihr diese schwindel erregenden Höhen tatsächlich?

"Beim Klettern ohne Sicherung in einer Höhe, wo man besser nicht mehr runterfallen sollte, muss man sich seiner Sache schon ziemlich sicher sein..."

Der Kletter-Fan bin vor allem ich und die Jungs in der Band waren mit Namen einverstanden. Beim Klettern ohne Sicherung in einer Höhe, wo man besser nicht mehr runterfallen sollte, muss man sich seiner Sache schon ziemlich sicher sein, was eine realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und eine gute Planung voraussetzt und dann beim Klettern selbst Ruhe und Konzentration braucht. Wenn man da nicht fokussiert ist oder übermütig wird, baut man Fehler, bei denen man die Konsequenzen voll abkriegt.

Wann hattest Du das letzte Mal so richtig Angst?

"Wenn man abrutscht, fliegt man über tausend Meter runter bis zum Wandfuß."

So richtig Angst hatte ich, glaube ich, das letzte Mal vor zwei Jahren beim Bergsteigen in Süddeutschland am Watzmann. Da bin ich mit meinem Vater bei relativ schlechten Wetterverhältnissen durch die 1800 Meter hohe Ostwand gestiegen. Normalerweise kann man die innerhalb weniger Stunden durchsteigen, aber wir hatten im oberen Wandteil viel Schnee in steilem Gelände, der das Sichern und auch das Finden der Route sehr schwierig gemacht hat. Du kletterst dort also immer wieder irgendwo hoch und musst feststellen, dass du da nicht weiterkommst und es woanders versuchen musst. Sich gegenseitig zu sichern bringt dort auch recht wenig, weil man keine Fixpunkte dafür hat, und gibt also kaum mehr als nur ein wenig moralische Unterstützung. Wenn man abrutscht, fliegt man über tausend Meter runter bis zum Wandfuß. Also muss man sich schon gut zusammenreißen, wenn die Kraft und Psyche nach vielen Stunden schwach werden. Letztendlich mussten wir ein paar Seillängen abklettern, um biwakieren zu können, und konnten dann am nächsten Mittag oben aus der Wand erfolgreich aussteigen.

Glaubst Du an Schicksal oder Zufall?

"...indem man seine Lage akzeptiert und sich nicht immer wieder mit Träumereien an der Realität aufreibt, kann man sein Schicksal mitgestalten und sich an Zufällen erfreuen."

An beides. Und beides muss man akzeptieren und offen sein dafür. Viele Umstände kann man nicht ändern, aber indem man seine Lage akzeptiert und sich nicht immer wieder mit Träumereien an der Realität aufreibt, kann man sein Schicksal mitgestalten und sich an Zufällen erfreuen.

Wenn eure Band eine TV-Serie wäre - mit welchen Charakteren würdest Du euch vergleichen?

Zurzeit schaue ich immer mal Community. Da geht es um eine Spanisch-Lerngruppe an einem Community College. Ein paar der Charaktere würden, glaube ich, ganz gut passen, von liebenswert chaotisch und etwas verplant bis intellektuell-analytisch.

Wie bist Du zu Deiner Berufung gekommen?

Über meinen Cousin, der, als ich noch klein war, Gitarre spielen konnte und mir mal ein ganz einfaches Bluesschema beigebracht hat. Seit der Zeit an war irgendwann wollte ich Gitarre spielen lernen. Mit elf Jahren habe ich dann Unterricht bekommen: Drei Jahre klassische und ein Jahr E-Gitarre. Der Unterricht lief aber immer recht schleppend, weil mein Kumpel, mit dem zusammen unterrichtet wurde, nicht so motiviert war. Mit etwas Zufall hatte ich dann irgendwann keinen Unterricht mehr, aber trotzdem viel Motivation, weiter zu lernen. Ich habe mir viel von Bands und Musikern, die ich zu der Zeit gehört habe (von H-Blockx über Nirvana, R.E.M. und Eric Clapton zu Pearl Jam, John Frusciante, Neil Young, Bob Dylan etc.), abgeguckt und so auch gelernt, wie man Lieder schreibt.

Was inspiriert Dich? 

"Ein Schluck Whiskey und darauf ein Spaziergang am Abend durch die Dunkelheit mit Bob Dylans „Oh Mercy“ auf dem mp3-Player ist super dafür."

Abstand und Distanz zu den Dingen zu bekommen, mit denen ich mich beschäftige. Ich muss immer mal wieder eine andere Perspektive auf die Dinge bekommen, um frische Gedanken zu kriegen. Ein Schluck Whiskey und darauf ein Spaziergang am Abend durch die Dunkelheit mit Bob Dylans „Oh Mercy“ auf dem mp3-Player ist super dafür.

Gibt es zur Zeit etwas Bestimmtes, das zu Deiner Toilettenlektüre gehört? 

Klettermagazine. Die liegen aber doch eher in der Küche als auf der Toilette.

Was war bisher Dein bestes Projekt? 

Da meine Projekte nicht allzu oft wechseln, würde ich sagen, dass jedes Projekt schön war, solange es in der Band und bei mir persönlich eine Entwicklung gab. Mit meiner Band Coffin Zone haben wir zum Beispiel in den letzten Monaten super wenig, aber dennoch fühlt es sich gerade gut an, weil sich die Ziele, die ich mit der Band und Musik allgemein für mich habe, immer mehr herauskristallisieren, so dass ich mich auf die nächste Zeit sehr freue, auch wenn ich gerade noch nicht weiß, wie es mit der Band weitergeht. 

Martin Brückner

Hast Du ein Vorbild? Und mit welchem anderen bekannten Musiker würdest Du gerne mal zusammen jammen? 

John Frusciante. Der trifft schon seit Jahren immer wieder meinen Nerv, egal ob er gerade ein klassisch rockiges, ein akustisches oder ein elektronisches, von Hip Hop und Synthesizern geprägtes Album rausbringt. Und sein Gitarrenspiel mag ich: Da reicht es, wenn er einen Ton anschlägt und den stehen lässt, und es berührt mich einfach.

Wenn Du einen anderen Beruf hättest wählen müssen, welcher wäre das? 

Einen anderen, als den Lehrerberuf, den ich gerade anstrebe? Rockmusiker oder Profikletterer.

Wie lautet Dein Lebensmotto?

Zurzeit sage ich mir oft: „Haltung! Bewahre Haltung!“

Zurzeit sage ich mir oft: „Haltung! Bewahre Haltung!“ Das hilft beim Klettern, beim Singen und in allen Situationen, in denen mein Selbstbewusstsein spontan sinkt.

Wie würdest Du Dich selbst beschreiben?

Als in manchen Dingen sehr zielstrebig und voll motiviert, in anderen, wichtigen Dingen manchmal etwas nachlässig.

Mit was kommst Du gar nicht zurecht – sei es im Beruf oder privat?

Wenn sich andere (oder auch ich mich selbst) zu wichtig nehmen.

Was regt Dich momentan so richtig auf?

Wenn ich mich mit unwichtigen Internet-Suchaktionen beschäftige und am Ende des Tages das Gefühl habe, nicht weitergekommen zu sein.

Was würdest Du tun, wenn Du nur noch einen Tag zu leben hättest?

"Mit einem Fallschirm auf dem Rücken durch eine riesige Wand klettern..."

Mit einem Fallschirm auf dem Rücken durch eine riesige Wand klettern und falls ich abstürze und mich mit dem Fallschirm retten kann, abends noch gemütlich ein Bier mit Freunden oder der Familie trinken.

Wenn Du mit Freunden ausgehen willst, wie stellst Du Dir einen perfekten Abend vor?

Sich irgendwo mit ein paar wenigen Freunden treffen und dann entspannt und ausgelassen tanzen gehen. Wenns zu viele Leute sind, hat jeder eine andere Vorstellung und will woanders hin und vorm Tanzen unterhalten kann man sich dann auch nicht richtig. 

Welche magische Kraft hättest Du gerne, wenn Du eine wählen könntest?

Mal für kurze Zeit wirklich die Gedanken und Gefühle anderer zu erfahren und sich nicht nur einzubilden, was der oder die Andere gerade denkt oder fühlt, und sich dadurch dann beeinflussen zu lassen.

Gibt es zusätzlich etwas, für das Du Dich besonders engagierst? Wofür kämpfst Du?

Ich kämpfe wohl noch immer vor allem für mich selbst und meine persönlichen Ziele, also das Studium, die Musik und das Klettern unter einen Hut zu kriegen. Aber ich freue mich auch darauf, bald als Lehrer nicht mehr so stark nur mir gegenüber, sondern auch den Schülern gegenüber Verantwortung zu haben.

Was möchtest Du unbedingt noch mitteilen?

Dass ich mich über das Interview gefreut habe.