Juliane Hennes

Künstlerin

von Portrait von Lina Wemhöner Lina Wemhöner
Veröffentlicht am 14. April 2014

Hallo Juliane, erzähl‘ uns doch bitte zunächst etwas über dich selbst! Wo kommst du her, wo bist du aufgewachsen und wo lebst und arbeitest du heute?

Ich bin in Bonn geboren und aufgewachsen. Im Moment bereite ich gerade mit meinem Freund den Umzug Richtung USA vor. Er arbeitet für eine amerikanische Firma und ich habe als Freelance-Illustratorin ja das große Glück, dass ich mit meiner Arbeit nicht standortgebunden bin. Solange ich Internet habe um mit Klienten zu kommunizieren, kann ich arbeiten von wo ich möchte. Oberammergau, Miami, Timbuktu - völlig egal.

Wusstest du schon immer, dass du Künstlerin werden möchtest? Gab es Momente in deiner Kindheit, die dich geprägt haben?

Ich habe mal als in noch relativ klein war aus einem Arzt-Wartezimmer eine Vogue geklaut. Die hab ich auch noch. Von 1989, da war ich 7. Auf dem Cover war ein kariertes Stretch-Kleid. Damals sensationell, aus heutiger Sicht modisch eher grenzwertig. In mein Gedächtnis gebrannt hat sich anschließend das Gespräch mit meiner Mutter, indem ich ihr erklärt habe, dass ich die Zeitung definitiv nicht zurückbringen würde. Irgendwann hat sie dann klein bei gegeben.

Du bist während deines Mode-Studiums neben Düsseldorf auch in Hong Kong, Südafrika und Mailand gewesen. Wie war diese Zeit für dich? Gab es diesen einen, ganz besonderen Moment, der dir immer Gedächtnis bleiben wird?

Nein, einen bestimmten Moment könnte ich auf Anhieb nicht rauspicken. Es ist glaube ich die Summe der aufregenden Erfahrungen, die dich als kreative Person prägen. In Südafrika habe ich mein Studium abgeschlossen und später dann in Mailand angefangen zu arbeiten, als Modedesignerin bei Gianfranco Ferré. Das ist schon ein immenser Kulturschock. Somit würde ich eher sagen, dass das Besondere für mich das Erleben der Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Mode und Ästhetik auf verschiedenen Kontinenten war. Nicht nur kulturelle und ethnische Eindrücke, sondern auch der Stellenwert von Äußerlichkeiten an sich.

Wie beschreibst du deine eigene Kunst?

Schön. Sie will definitiv nichts sein, was sie nicht ist. Das finde ich angenehm. Ich zeichne alles per Hand und scanne das Bild anschließend, um es in kleinen Auflagen vervielfältigen zu können. Worauf ich gerade im Bereich Illustration als Kunst sehr viel Wert lege, ist Qualität. Die Illustration endet ja nicht mit Fertigstellung der Zeichnung, sondern mit meiner Signatur auf dem fertigen Druck. Dabei handelt es sich um Giclée Drucke, die hochwertigste Art Kunstdrucke zu erstellen. Gedruckt wird nicht mit normaler Farbe, sondern mit Pigmenten und Sprühköpfen, deren Durchmesser einem Millionstel eines Haares entsprechen. Kann man sich kaum vorstellen. Die Drucke lassen sich vom Original kaum unterscheiden. Hinzu kommt, dass ich relativ besessen von Papieren bin. Es gibt mir eine ungeheure Befriedigung, das perfekte Papier für die entsprechende Arbeit auszusuchen. Papier ist ja nicht gleich Papier. Abgesehen von Struktur und Gewicht gibt es etliche Tonalitäten von Weiß. Der Unterschied zwischen Reinweiß, Elfenbein, Eierschale, Cocos oder Emaille ist für das bloße Auge vielleicht nicht immer erkennbar, für mich aber wichtig. Es muss einfach zum Werk passen.

Nachdem ich alles nummeriert und signiert habe, sende ich ein limitiertes und hochwertiges Produkt raus, das aufgrund seiner Qualität länger als ein Leben lang hält.

Ich werde manchmal gefragt, warum ich so besessen von Details und der Papierauswahl bin, wo das Bild doch später wahrscheinlich im Rahmen und hinter Glas hängt. Aber es gibt einfach den Zeitpunkt, zu dem derjenige, der sich zu einem Kauf entschieden hat, das Werk in Empfang nimmt. Er hat es in der Hand und fühlt es. Das macht was mit dir. Immer wenn er es selbst hinter Glas anguckt, wird er sich an das haptisches Gefühl erinnern. Am Ende des Tages verkaufe ich eben ein hochemotionales Produkt. Außerdem mag ich die Idee eines Käufers, der alle diese Details sieht und schätzt.

Du bewegst dich in dem Genre Fashion & Beauty – woher nimmst du deine Inspirationen?

Von allem. Das ist gleichzeitig Fluch und Segen. Ideen kommen und gehen so schnell. Ich habe mich einmal in einem Stoffladen in Johannesburg fast übergeben, weil ich so reizüberflutet war. Ein Tsunami von Ideen im Kopf und ich wusste, meine Hand ist nicht schnell genug, um auch nur die Hälfte aufs Papier zu bringen, bevor sie wieder verflogen sind. Was ich inspirationstechnisch allerdings wirklich mag, sind alte deutsche Filme aus den 60ern. Derrick hab ich auf DVD, aber nur bis Ende der 70er Jahre, danach ist es einfach nicht mehr dasselbe.

Deine Illustrationen sind alles individualisierte Werke. Wie gehst du an diese Arbeiten heran?

Ich habe eine Liste konkreter Ideen, die ich abarbeite, wenn zwischen Auftragsarbeiten Zeit bleibt. Viele Leute schreiben mich auch bei Facebook an, weil sie sich etwas Bestimmtes wünschen. Da freu ich mich immer drüber. Der Arbeitsablauf ist eigentlich immer derselbe. Vor dem ersten Strich existiert das Bild schon fast vollständig in meinem Kopf. Es kommt auch vor, dass ich mich selbst entsprechend schminke bevor ich anfange, um in die richtige Stimmung für die Zeichnung zu kommen. Die richtige Atmosphäre ist wichtig. Deshalb arbeite ich auch viel lieber bei Regen als bei Sonne und lieber nachts als tagsüber. Einfach weil ich dann besser in meinen privaten Kosmos abtauchen kann. Meine besten Sachen sind bei Gewitter entstanden.

Kannst du uns etwas über deine nächsten Projekte erzählen?

Das nächste große Projekt ist für einen bekannten Kosmetik Konzern. Ich habe auch Anfragen aus dem Food Bereich. Ich hoffe sehr, da geht’s ums Backen, salzige Dinge mal ich nicht gerne.

Abseits von deiner Kunst, mit welcher Tätigkeit verbringst du die meiste Zeit?

Fantastischer weise bin ich so gebucht, dass es abseits der Kunst im Moment kaum etwas gibt. Ich muss darauf achten genug Sport -besonders für den Rücken- zu machen, weil den ganzen Tag über einem Blatt Papier zu hängen seinen Tribut fordert. Ich habe abends angefangen Breaking Bad zu gucken, möchte damit aber wieder aufhören, weil es mir nicht schön genug ist. Ich schaff den Absprung aber nicht!

Wie sieht für dich ein perfekter Tag aus? An welchem Ort würdest du ihn verbringen?

Ich liebe es samstagmorgens mit meinem Freund frühstücken zu gehen. Er ist aus Mailand und die Italiener kultivieren die kleinen Dinge einfach mehr. Sprich Latte Macchiato, Croissant, er die Zeitung, ich die Gala. Traumhaft.

Wo siehst du dich selbst in zehn Jahren?

Ich hoffe auf Yacht/ St Tropez/ Bikini. Nein, Scherz beiseite. Zur Mode-Illustration bin ich ja auch eher gekommen, weil es sehr lukrativ war und sich in der Situation einfach angeboten hat. Im kreativen Bereich „ergeben“ sich oft Dinge, mit denen man gar nicht unbedingt gerechnet hatte. Dass ich meinen Weg ins klassische Modedesign zurück mache, kann ich also auch nicht ausschließen.

Hast du ein Lebensmotto?

„Sexy never takes a day off!“ Das ist eine Maxime von mir. Das Leben ist zu kurz für schlechte Kleidung. Ein gutes Outfit holt mich morgens aus dem Bett, hilft mir dabei meinen Alltag zu meistern und hebt die Stimmung. Auch die der Anderen. Mit Style läuft alles besser.