Unis in Not - weil Fördergelder vom Bund auf halber Strecke versacken

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 10. April 2013

In Sachsen und Thüringen, beide regelmäßig weit oben in Bildungsvergleichen, machen Schüler schon seit fast 80 Jahren in der 12. Klasse das Abitur. Und auch die anderen neuen Bundesländer haben das Abitur in Klasse 12 schon seit 2000 wieder eingeführt, nachdem es in der DDR ohnehin üblich gewesen war. Im Westen Deutschlands war man in der Hinsicht skeptisch und kehrte nach Kriegsende zum Abitur nach 13 Jahren zurück, obwohl seit 1936 in ganz Deutschland das Abitur nach nur zwölf Jahren abgelegt wurde. Inzwischen ist mit Ausnahme von NRW die Regelschulzeit bis zum Abitur wieder 12 Jahre. Die Umstellung von 13 auf zwölf Jahre brachte aber dummerweise einen doppelten Abschlussjahrgang mit sich - einer von mehreren Gründen, weshalb in Deutschland momentan mehr Studenten immatrikuliert sind, als jemals zuvor; über 2,5 Millionen. Noch vor sechs Jahren waren es weniger als zwei Millionen. Jetzt fehlt es an Geld, Platz, Material und Personal. Spiegel Online liegt ein internes Verhandlungspapier vor:

Für die Jahre 2011 bis 2015 rechneten die Universitäten mit etwa 80.000 zusätzlichen Studienanfängern pro Jahr, tatsächlich sind es bisher eher doppelt so viele, also 160.000 pro Jahr. Insgesamt muss für etwa 620.000 Studienanfänger mehr als gedacht Platz in Seminaren, Hörsälen und Bibliotheken geschaffen werden.

Inzwischen tragen sich in manchen Bundesländern schon zum dritten Mal die doppelten Jahrgänge ein. Am Donnerstag kommen - auch schon zum dritten Mal - Bund und Länder bei der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz zusammen, um die Finanzierungspläne nachzujustieren. Das ist auch eine Bewährungsprobe für die neue Bildungsministerin Johanna Wanka, die im Deutschlandfunk klare Worte sprach:

Es ist legitim, wenn der Bund zahlt, dass er erwartet, dass die entsprechende andere Hälfte auch erbracht wird.

Die Länder wollen sich nämlich im Gegensatz zum Bund nicht festlegen lassen. Während Deutschland 10 Milliarden Euro aufbringt, wollen die einzelnen Bundesländer nur Schätzwerte garantieren und für die Kosten pro Studienplatz keine verbindliche Zusage treffen. Diese Knauserigkeit kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn Ende dieses Jahres wird das Geld aus dem Hochschulpakt weg sein. Eigentlich sollten Bund und Länder einander helfen, aber die drei deutschen Stadtstaaten sind von damals noch 600 Millionen Euro schuldig geblieben und die bis 2015 laufende zweite Phase des Paktes sieht auch keineswegs entspannend aus: Die Zahl der Erstsemestler - und damit die Kosten - werden wahrscheinlich auch in Zukunft steigen. Ein weiteres Problem ist die Verfassung, laut der sich der Bund aus der Bildung heraushalten muss. Das Geld, das der Bund beisteuert geht also nicht direkt an die Hochschulen, sondern landet zuerst beim Finanzministerium - wie viel dann tatsächlich an den Ausbau der Unis, Bibliotheken und Wohnheime investiert wird, bleibt geheim im stillen Kämmerlein. Und ob die Länder ihren Anteil dann auch gezahlt haben, darf ebenfalls in Frage gestellt werden. Ganz zu schweigen davon, dass einige Länder ihren Versprechungen, etwa keine Studienplätze bis 2015 abzubauen, ohnehin nicht nachkommen. In Sachsen etwa geht der Andrang zurück, obwohl die Unis in den neuen Länder oft sehr gut ausgestattet sind und Städte wie Leipzig schon fast lächerlich niedrige Lebenshaltungskosten bieten.

Trotzdem: Bildung ist Ländersache, also darf der Bund nicht mitreden. Johanna Wanka will das aber nun ändern, damit die Hochschulen ihr Geld direkt bekommen können und nicht der fragwürdige Umweg über die Kämmerer gemacht werden muss. Vielleicht gar keine schlechte Idee. Allgemein könnte man diesen Ansatz ausbauen - es ist sicherlich auch in anderen Bereichen interessant zu wissen, wie viel Förderung durch den Bund tatsächlich dort ankommt, wo sie eigentlich hin sollte.