So komme ich zu einem strahlenden Teint - Primer, Acrylfarbe und andere Tricks

von Portrait von Nicole Klein Nicole Klein
Veröffentlicht am 30. April 2014

Was stellt eine Frau mittleren Alters an, wenn sie nachmittags 5 Stunden Zeit, den Rücken frei und Lust hat, etwas Ungehöriges zu tun?

Sie geht shoppen. Ganz gehörig.

In Domnähe. In Köln. Quasi im Big Apple von Nordrhein-Westfalen. Es ist nicht ihre Stadt, aber eine andere hat sie gerade nicht zur Hand.

Während sich übermütige rechtsrheinische Großstädterinnen am ersten richtig warmen Tag des Jahres rechtzeitig zum Einkaufsbummel ausziehen und Beine in den erdenklich knappsten Shorts feilbieten, die der Markt hergibt, genau an dem Tag treffe ich mich mit Dita von Teese zu einem Beratungsgespräch in einer bekannten Kosmetikfacheinzelhandelskette.

Oder um genau zu sein und nachdem ich mich wieder gefangen habe, mit einem zirka fünfundzwanzigjährigen Look-alike.

Dieses wunderhübsche, wenn auch leicht abgefuckte Schneewittchen unterstützt mich dann auch liebend gerne und in Windeseile in meinem Vorhaben, etwas für meinen Teint zu tun.

TUN ZU MÜSSEN.

Es versteht sich, dass das betreffende Schneewittchen mit schulterlangen, ebenholzfarbenen, glatten Haaren und einer Porzellanhaut gesegnet ist. Genau wie ich nicht. Aber eben wie Dita, nur auf kölsch. Ich für meinen Teil habe aktuell mit einem deutlich sichtbaren und entzündlichen Pickel auf meiner rechten Backe zu kämpfen und ich bin mir angesichts des faltenlosen Jungbrunnens mir gegenüber mehr als bewusst, dass mein Dekolleté bereits Abstriche in seiner Elastizität zu machen beginnt.

Pseudo-Dita und ich, wir starten also unser kleines Gespräch.
.
Ich:
"Hallo, ich suche etwas, das meine Gesichtsfarbe strahlen lässt. Es gibt da doch dieses Produkt von Ihnen, das ich nur unter den Augen auftragen muss und dann leuchten sie mehr."

Schneewittchen-Dita:
"Da empfehle ich Ihnen diesen kleinen Applikator. Damit sehen unsere zufriedenen Kundinnen immer ausgeruht und jünger aus, so als hätten sie 8 Stunden Schlaf gehabt. Testen Sie selbst und schauen Sie sich das Ergebnis bei Tageslicht an."

Ich schmiere mir dieses Zeugs also unter die Augen, direkt in die Falten, schleppe den kleinen Spiegel ins Sonnenlicht und muss zugeben, dass ich KEINE Besserung erkennen kann. Wieso auch, ich hatte in der Nacht zuvor ja sogar 9 Stunden geschlafen. Ich könnte meinen, dass alles in Butter ist bei mir. Das sage ich ihr dann auch.

Aber Schneewittchen-Ditas, das wissen wir, verbeissen sich nicht nur in Äpfel, sondern auch in Kunden.

Schneewittchen-Dita:
"Also, wenn natürlich das GANZE Gesicht strahlen soll, dann müssen sie DIESEN Primer ausprobieren."

OH MEIN GOTT

Primer, diesen Begriff kenne ich noch aus dem Studium. Uni Hamburg, 4. Semester, Professor Hein, Farbe und Form. Primer, bekannt als Grundierung für starre, nicht saugende Unterlagen. Wenn aufgetragen, wird die Unterlage mit Acrylfarbe überpinselt. Und wenn die erst einmal drauf ist, kann man die NIE MEHR wegwischen.

Schneewittchen-Dita lässt mich jetzt nicht mehr testen, sie testet selbst. An ihrem käsigen Unterarm. Und der strahlt dann tatsächlich.

Schneewittchen-Dita:
"Da strahlt wirklich das ganze Gesicht. Wissen Sie, manche Kundinnen tragen ja schimmernden und reflektierenden Lidschatten auf die aufzuhellenden Stellen im Gesicht auf, aber dann haben die immer so Streifen im Gesicht."

A U T S C H
Ist ja gut.
Das sitzt.
Ich hab's kapiert.
Ich bin aufgeflogen.

Aber ich bin ja auch kein Schminkprofi. Deshalb kann ich mir verzeihen. So wie ich ihr diese Spitze verzeihe.

Langsam beginnt Schneewittchens käsiger Unterarm immer mehr in immer wärmeren Tönen zu leuchten. Das gibt mir zu denken.

Eben noch komme ich bloss in Versuchung und zwei Sekunden später bin ich verführt. Habe in den sauren Apfel gebissen. Und bin 29,95 € ärmer. Ach, Scheiss der Hund auf die Kohle. Wenn's schee macht!