Shitstorm auf "Rolling Stone" Magazin-Cover mit Boston Bomber

von Portrait von Lisa Siewert Lisa Siewert
Veröffentlicht am 18. Juli 2013

Es gibt nur wenige Magazine weltweit, die international so eine große Leserschaft und Fangemeinde haben wie das Magazin Rolling Stone. Dieses Privileg könnte sich die Musikzeitschrift nun verspielt haben, indem sie das Gesicht des überlebenden Boston Bombers D. Zarnajew auf das Cover der August-Ausgabe gedruckt hat. Noch immer sitzt den USA der Schrecken der Anschläge beim Boston Marathon in den Knochen. Nicht nur die Opfer und ihre Angehörigen, sondern auch die Fangemeinde des Rolling Stone reagieren entsetzt auf das Coverblatt.

In der Vergangenheit hatte das Magazin immer wieder durch die provokante Inszenierung von Stars und Musikern auf dem Titelblatt Aufmerksamkeit erregt. Doch einen mutmaßlichen Mörder von drei Menschen, darunter einem acht-jährigen Jungen, mit der Headline „The Bomber“, wie normalerweise einen Star als Coverboy zu inzenieren, löste einen heftigen Shitstorm in den Medien aus. Es sind vor allem die Fans, die ihrer Wut im Internet Luft machen.

Auf der Facebook-Seite vom Rolling Stone sammeln sich derzeit hunderte, oftmals heftige Kommentare über das Cover. Neben Beleidigungen und Vorwürfen kündigen viele langjährige Leser an ihr Abo zu kündigen. Angehörige und Freunde der Opfer schreiben ihre persönliche Geschichte und Betroffenheit unter das Bild des Covers. Eine Frau schreibt, sie respektiere das Recht auf freie Meinungsäußerung der Medien, doch dieses Cover helfe den Opfern nicht, es verhöhne sie. Ein Kommentar wird noch deutlicher: “How about putting his picture in the corner and not on the cover looking like he's Jim fucking Morrison”?

Die Kritik an der Entscheidung der Redaktion veranlasste diese zu einem öffentlichen Statement. Wie der Focus berichtete, argumentieren die Verantwortlichen, dass die Titelgeschichte zu Tradition des Journalismus gehöre und man die Komplexität des Themas darstellen wolle, um für den Leser deutlich zu machen, wie es zu so einer Tragödie kommen konnte. Ebenfalls sei es ein Merkmal des Magazins, über wichtige politische und kulturelle Ereignisse zu berichten. Außerdem spiele es eine wichtige Rolle, dass Zarnajew ungefähr im gleichen Alter sei wie viele Leser des Rolling Stone.

Warum diese Argumentation dazu führt einen mutmaßlichen Mörder wie einen Rockstar aussehen zu lassen und ihm eine Bühne für seine Person zu geben versteht in den USA kaum jemand. Wie der Stern berichtete, veranlassten die Handelsketten CVS und Tedeschi Food Shops einen Verkaufstop der Ausgabe in ihren Filialen aus Rücksicht auf die Opfer.

Shitstorm auf "Rolling Stone" Magazin-Cover mit Boston Bomber

D. Zarnajew hatte im April 2013 zusammen mit seinem Bruder die Anschläge beim jährlichen Boston Marathon geplant und durchgeführt. Drei Menschen starben durch die Explosionen auf der Zielgeraden, 264 weitere wurden teils schwer verletzt. Zarnajew muss sich bald vor dem Gericht für seine Taten verantworten. Während einer der Brüder bei der Verhaftung starb, ist der andere vielleicht am Ziel seiner Träume: Er erhält vom Rolling Stone als Terrorist und Mörder so viel Aufmerksamkeit wie ein echter Star.