Nach der Bundestagswahl 2013: Warum der Rücktrittswahn der Parteien niemandem hilft.

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 23. September 2013

Nur bei zwei Bundestagswahlen hatten die Grünen bisher bessere Ergebnisse als gestern. Bei den anderen sieben Bundestagswahlen, lag das Ergebnis der Öko-Partei immer unter 8,4 Prozent. Trotzdem verkündete Partei-Chefin Claudia Roth soeben ihren Rücktritt. Beim nächsten Bundesparteitag wolle sie ihre Ämter aufgeben. Gleiches gilt für Cem Özdemir, neben Roth der zweite Mann an der Parteispitze, wie auch für die Spitzenkandidaten Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckart. Die Köpfe der Grünen treten also geschlossen zurück. Und dann ist da noch Philipp Rösler. Der Bundesvorsitzende der FDP tritt auch zurück. Das mag ritterlich sein, Demut hat aber noch keine Partei gerettet. Denn das Problem der Parteien sind nicht die Gesichter auf den Plakaten, sondern - die Parteien.

Das Volk hat sich entschieden - die FDP vertritt nicht mehr das, was sich Deutschland unter einer Zukunft vorstellt. In nur einem Bundesland, in Baden-Württemberg, kam die FDP gestern über 6 Prozent. Besonders in den neuen Bundesländern schnitt die FDP mit durchschnittlich weniger als 3 Prozent sehr mager ab. Verlust seit der letzten Bundestagswahl: Fast 10 Prozent! Das schlechteste Ergebnis seit der Parteigründung 1948. Da kommt man als Bundesvorsitzender schon mal ins Grübeln. Paradox dabei: Grünen-Parteirat Jürgen Trittin, der seinen Rücktritt im Herbst zusammen mit den anderen Grünen-Köpfen bekannt gab, sagte: „Wir müssen feststellen, dass es in Deutschland eine konservative Mehrheit gibt. Union, FDP und AfD haben mehr als 50 Prozent der Wähler für sich mobilisieren können.“ Was stimmt denn nun nicht in Deutschland? Sind wir alle so konservativ, dass wir die einst so populären Ökos zermürbt haben, oder sind wir so liberal, dass wir die FDP vernichtet haben? Und hilft es, wenn man die Parteispitzen austauscht?

Natürlich nützt es niemandem etwas. Man geht nicht zur Urne und wählt Philipp Rösler, sondern die Partei, die er repräsentiert. Das Gesicht der Partei auszutauschen ist etwa so sinnvoll, wie ein von Schimmel befallenes Haus neu streichen zu lassen. Bei den Grünen ist der Rücktritt auch gar nicht so final, wie es zunächst klingt. Zwar wollen Roth, Özdemir, Trittin und Göring-Eckart im Herbst ihre Positionen räumen, aber natürlich könnten sie sich hinterher für dieselben Positionen wieder zur Wahl aufstellen lassen. Özdemir gab schon bekannt, dass er sich durchaus vorstellen könnte, sich wieder als Partei-Chef aufstellen zu lassen. Auch Trittin und Göring-Eckart ließen bisher offen, ob sie sich eventuell wieder wählen lassen würden. Claudia Roth sagte, sie habe sich bereits entscheiden, wolle aber zuerst die Partei informieren. Wenn auf einen Schlag aber so viele Spitzenpositionen in einer Partei frei werden und sich - wenn auch nur teilweise - die alten Platzhalter wieder zur Wahl stellen lassen, ist es relativ wahrscheinlich, dass bei der Neubesetzung auf die bisherigen Amtsträger zurückgegriffen werden muss.