Missbrauch oder nicht? Cohn-Bendit lehnt Medienpreis ab

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 30. April 2013

Daniel Cohn-Bendit hatte in dem 1975 erschienen Buch „Der große Basar“ unter anderem über seine Zeit als Erzieher in einem alternativen Kinderladen berichtet. Dort heißt es wörtlich: „Mein ständiger Flirt mit allen Kindern nahm bald erotische Züge an. Ich konnte richtig fühlen, wie die kleinen Mädchen von fünf Jahren schon gelernt hatten, mich anzumachen.“ Da wird man heute in der Tat stutzig. Was wollte der inzwischen ranghohe Politiker damit sagen? Jedenfalls nicht, dass er sich an den Kindern vergangen hatte: „Kritisiert mich für das, was ich geschrieben habe, bis zu meinem Tod – aber jagt mich nicht für etwas, was ich nicht getan habe“, sagte er vor zwei Wochen bei seiner Dankesrede für den Theodor-Heuss-Preises und erklärte seine damalige Äußerung, die er in den Kontext der 68er-Bewegung rückte, zu einer „unerträglichen Provokation“, die er heute nicht mehr so schreiben würde. Als bekannt wurde, dass Cohn-Bendit den Theodor-Heuss-Preis erhalten solle, wurden schon lange vor der Preisverleihung Proteste laut. Als jetzt bekannt wurde, dass der Deutsch-Französische Medienpreis auch an Cohn-Bendit gehen solle, verzichtete er - um den Preis nicht in den Mittelpunkt der Schlammschlacht zu stellen und eine Instrumentalisierung für den Wahlkampf zu verhindern.

Der 68-Jährige war seit 1994 abwechselnd für die französischen und deutschen Grünen ins Parlament gewählt worden und sollte im Juli in Paris für sein konsequentes Eintreten für die europäische Integration und die Fortentwicklung der europäischen Demokratie geehrt werden. Er sei ein Brückenbauer der Nationen, erklärte der Generaldirektor der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft, Roger de Weck, der bei der Verleihung des Theodor-Heuss-Preises die Laudatio gehalten hatte.