Digitale Diktatur: Facebook schafft Mitgliederbestimmung ab

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 22. November 2012

Es ist wirklich lächerlich: Bei Facebook können Mitglieder über Regeländerungen entscheiden - auch was die Privatsphäre betrifft. Das wussten Sie nicht? Wir auch nicht. Der Clou daran: damit die Entscheidung der Community wirksam wird, muss eine Wahlbeteiligung von 30 % erreicht werden. Bei den über 1.000.000.000 Mitgliedern sprechen wir also von etwa 300 Millionen Mitgliedern, die ihre Stimme abgeben müssen. Ansonsten wird die anstehende Änderung einfach durchgeführt. Bei der letzten Abstimmung lag die Teilnahme statt der erforderlichen 30 % bei 0,04 %. Erschwerend kommt hinzu, dass Facebook diese Abstimmungen nicht groß ankündigt, sondern sie tatsächlich in den Tiefen von Facebook versteckt hält. Das ist nicht nur scheinheilig, sondern tatsächlich dreist.

Wer noch bis zum 28. November abstimmen möchte, findet die Abstimmung so: In der Freundesuchleiste „Facebook Site Governance“ eingeben. Auf dieser Seite kann man unter dem Button „Vote“ abstimmen, falls grade eine Abstimmung läuft. Eine Abstimmung wird aber erst eröffnet, wenn zu einem Thema mehr als 7000 Kommentare eingehen. Bezüglich der Abstimmung darüber, ob die Abstimmung abgeschafft werden soll, werden die 7000 Kommentare sicherlich zusammenkommen. Die Frage ist jedoch, wie in der anschließenden Umfrage 30 % der Mitglieder teilnehmen sollen. Selbst wenn alle Abonnenten von Facebook Site Governance daran teilnehmen, fehlen noch immer 276 Millionen Stimmen. Heise berichtet:

Die Kommentarzahl zu dem deutsch- ebenso wie dem englischsprachigen Eintrag zu der Ankündigung auf der Facebook-Seite "Site Governance" wächst seit der Veröffentlichung stetig. Der Tenor ist in der Regel negativ: Die User wehren sich gegen die Abschaffung der Abstimmungen über Regeländerungen. Viele User schließen sich dagegen Forderungen an, die auf "Our Policy" aufgestellt wurden.

Klar, ist es löblich, dass Facebook seinen Nutzern überhaupt ein Mitbestimmungsrecht einräumt. Durch den perfiden Winkeladvokaten-Schachzug der hohen Beteiligung ist der gute Wille jedoch zur Farce verkommen. Am 28. November können sich Facebook-Nutzer also mit Sicherheit von dem letzten bisschen Demokratie verabschieden.