Facebook löscht Domians kirchenkritische Postings - und schiebt es auf einen „Fehler“

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 19. März 2013

Facebook macht sich mal wieder unbeliebt. Nachdem der bekannte Fernsehmoderator und Autor sich kritisch zum Auftritt des konservativen Katholiken Martin Lohmann geäußert hatte, löschte Facebook nicht nur jenen Post, sondern auch gleich einige andere, in denen sich Domian kritisch mit der Kirche und deren Haltung zur Homo-Ehe geäußert hatte - und die Kommentare gleich mit dazu. Sogar ein laut Domian „wohlwollender“ Beitrag zum neuen Papst fiel der Zensur zum Opfer. Er postete daraufhin gestern Abend, dass er sich vorläufig nicht bei Facebook beteiligen werde und forderte auf, seinen offenen Brief gegen Facebook zu „teilen“. Binnen 12 Stunden liketen über 20.000 Menschen den Beitrag; über 30.000 teilten ihn. Domian stellte sogar eine These auf, warum die Posts gelöscht wurden:

Offensichtlich aber haben fanatische Kirchenanhänger bei Facebook so viel Wind gemacht, dass man dort eingeknickt ist. Das finde ich ausgesprochen erschreckend. [...] Mir wird angst und bange bei der Vorstellung, in unserem Land würden politische Kräfte erstarken, die die Demokratie bedrohen. Eine vermeintlich demokratische Plattform wie Facebook würde wohl sofort des neuen Herrn Diener sein.

Domians Beitrag prangerte den Auftritt Lohmanns bei Günther Jauch an, bei dem er erklärte, dass eine Frau, die durch eine Vergewaltigung schwanger geworden sei, das Kind trotzdem austragen müsse. Jauch fragte daraufhin, ob er auch seine Tochter zwingen würde, das Kind des Vergewaltigers auszutragen. Lohmann bejahte dies. Domian verurteilte Lohmanns Äußerung als „missionarischen Durchfall“.

Erfreulich an dieser ganzen Sache ist, dass sich Facebook offiziell dazu geäußert hat. Die Pressesprecherin der sozialen Plattform, Tina Kulow,  hat eine Erklärung veröffentlicht und sich den Kommentaren der erbosten Nutzer gestellt, die hinter dem selektiven Löschen keineswegs einen Zufall sehen wollen. In der Erklärung heißt es:

Unsere Reporting-Systeme sind dafür entwickelt, Menschen vor Missbrauch, Hass-Rede und Mobbing zu schützen und es ist bedauernswert, dass gelegentlich Fehler gemacht werden, wenn solche Reports bearbeitet werden.

Alles nur ein ungeschickter Fehler also? Wohl kaum. Denn wie Kulow ebenfalls erklärte, ist es leider „nicht möglich“, den gelöschten Beitrag wieder herzustellen. Ein Backup wird angeblich nicht gemacht. Ein Nutzer kommentiert skeptisch:

Wenn ich mein Profil lösche und Monate später wieder aktiviere, dann sind alle Postings wieder da, richtig? Und jetzt ist ein Roll-Back bei diesem Domian-Posting nicht möglich?

Kulow verweiste mehrfach auf Facebooks eigene Erklärungsseite: Was passiert nach dem Anklicken von „Melden“? Dort heißt es unter anderem, dass mehrere Teams dafür zuständig seien, gemeldete Posts zu sichten und gegebenenfalls zu löschen. (Im Geiste Orwells: Eines davon ist das „Team für Hass und Belästigung“.) Trotzdem ist es auffällig, dass ausgerechnet mehrere kirchenkritische Beiträge von Domian durch einen „Fehler“ selektiert und dann ganz zufällig gelöscht worden sein sollen. Zumal Kulow betonte, dass nicht die Anzahl der „Reportings“ ausschlaggebend für eine Löschung sei, sondern der Inhalt des Beitrages. Im Vergleich zu unzähligen anderen Beiträgen, die beispielsweise extremistische Gruppierungen und religiöse Fanatiker permanent auf Facebook veröffentlichen, war Domians Beitrag jedoch ein verschwindend kleines, will sagen liberales Licht, zumal die Facebook-Standards zu diesem Thema auch enorm schwammig sind und Facebook dank der breiten Grauzonen enorme Freiheiten einräumen.