CD-Kritik Shindys "NWA": landet wegen Bushido auf dem Index

von Portrait von Marlon Kumar Marlon Kumar
Veröffentlicht am 17. Juli 2013

Shindys Album "NWA" (Nie Wieder Arbeiten) ist ein facettenreiches, beinahe Hip-Hop-revolutionäres, sommerlich-leichtes und vor allem abwechslungsreiches Release, das mit simplen Lyrics, aber freshen, originalen Beats und Humor möbliert ist. Es ist kein - wie im voraus spekuliert wurde - Kay One Abklatsch, auch wenn Shindys Stimme diesem sehr stark ähnelt. Dennoch es ist weder Dance- noch pöbelndes Ghetto-Album, da Shindys Stil erst noch definiert werden muss. Auch verbirgt sich nicht wirklich komplexer Inhalt auf dem Tonträger, dafür aber lässige Arroganz und gute Laune.

Allerdings hat die Platte auch eine Schattenseite: Das daraus ausgekoppelte Video "Stress ohne Grund" sorgte bereits für Furore und stürmischen Medien-Rummel, allerdings weniger wegen Shindys Rap, sondern aufgrund der vehementen Hetztirade seines Features und Labelbosses Bushido, die sich gegen Politiker wie Klaus Wowereit oder Claudia Roth und Comedians wie Oliver Pocher und Markus Lanz' "Wetten, dass.." Assistentin Cindy aus Marzahn richtete. Angesichts Bushidos homophober, sexistischer, diskriminierender und antisemitischer Äußerungen in der Single "Stress ohne Grund" wird Shindys Debütalbum "NWA" auf den Index gesetzt. Der Originalwortlaut der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ist wie folgt:

"Das Gremium stufte Inhalte der CD als jugendgefährdend ein, weil sie verrohend wirken, zu Gewalttätigkeiten anreizen und Frauen und Homosexuelle diskriminieren. Den Jugendschutzbelangen war nach Abwägung mit der Kunstfreiheit der Vorrang einzuräumen. Indizierungsrelevant war unter anderem der Inhalt des Liedes "Stress ohne Grund" von "Shindy", feat. "Bushido"."

CD-Kritik Shindys "NWA": landet wegen Bushido auf dem Index

Damit darf das Album "NWA" mit dem Song "Stress ohne Grund" ab Montag nur noch an Erwachsene verkauft werden. Minderjährige Fans können jedoch aufatmen: Schon im Laufe der nächsten Woche soll die zensierte "NWA 2.0" Album-Version ohne den polarisierenden Track "Stress ohne Grund" im Handel erhältlich sein.

Davon abgesehen liefert Shindy jedoch ein knallig buntes Deutsch-Rap-Album. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Mal wird es mit Tracks wie "Oma" oder "Spiegelbild" 'deeper' und emotionaler, mal mit "immer immer mehr" und "Arbeit ist out" fresher und ironischer oder mit "Stress ohne Grund" eben härter. Die arrogante Lässigkeit betont seine hedonistische Ader. Der Vibe lässt erahnen: Shindy genießt sein Leben in vollen Zügen. Vor allem wegen seiner individuellen Art, Worte in die Länge zu ziehen, wirkt alles langsamer und relaxter, fast schon wie in Slow-Motion. Die Synthie-Pop-Beats plätschern vor sich hin und Shindys Stimme – die fast 'slangfrei' ist - flaniert gemächlich über unsere neuronalen Nervenstränge. Sein lässiger Flow erinnert ein wenig an gestandene Rapper wie Tyga und Whiz Khalifa.

Dennoch finde ich, dass diese extremen Wortdehnungen teilweise zu aufgesetzt und überladen sind. Er hört sich in manchen Passagen definitiv nicht wie der Macho-Rapper von der Straße an, sondern eher wie ein volltrunkener Knabe, der sich irgendwie auf der Christopher Street Day Parade verloren hat und jetzt vor der Entscheidung steht, an welches Ufer er schwimmt. Auch die Wortspiele bzw. Reime sind nicht bahnbrechend und könnten mehr Witz und Intelligenz vertragen. Manche Vergleiche sind total banal. Jedem Rapper soll seine Art und Weise zu rappen, vergönnt bleiben, aber mir persönlich fehlt der Wortwitz, das Grübeln über eine Textpassage bis ich sie verstehe. Das bemängelt man jedoch nur, wenn man das auch erwartet. Wenn ich Shindys Longplayer einlege, dann will ich einfach nur von lustigen Marotten eines Stümpers zum Lachen gebracht werden. Darüber hinaus ist der ein oder andere Ohrwurm sicherlich dabei.

"NWA" lässt sich also nicht kategorisieren: Ob futuristische Töne oder Oldschool-organic Sounds – die selbst produzierten Beats sind keine Fließbandware. Funkige Songs, eine Hommage an alle prallen, strammen und wohlgeformten Hintern des weiblichen Geschlechts, ein Track über seine Oma oder eben eigene Zukunftsvisionen seines ambivalenten Verhaltens als Rentner werden dem gebannten Lauscher geboten. Tracks wie "Ice Tea" gefallen mir dagegen überhaupt nicht. Zuviel stupides Gefluche. Auch "Stress ohne Grund" trifft mit einem dämonischen Voice-Over überhaupt nicht meine Vorstellungen eines gelungen Songs. Wer aber die Puristen-Brille vorm Einlegen der CD auszieht und Fan von Deutsch-Rap mit hochkarätigen Features (Bushido, Eko Fresh) ist, der kann mit Shindy Spaß haben: Shindy beweist, dass er durchaus mehr kann, als nur monton mit Schimpfwörtern um sich zu schmeißen.