Neu im Kino: Der Bauer und sein Prinz

von Portrait von Götz H. Henke Götz H. Henke
Veröffentlicht am 20. November 2014

In der neuen Dokumentation des Filmemachers Bertram Verhaag geht es um die Duchy Home Farm in Cornwall, welche seit mittlerweile einunddreißig Jahren auf ökologisch nachhaltige Landwirtschaft setzt und so als Vorreiter für eine Art Agrarwesen gilt, dessen Ziel nicht der höchstmögliche wirtschaftliche Ertrag, sondern ein Wirtschaften im Einklang mit der Natur ist. Für den Film begleitete Verhaag über mehrere Jahre den Manager der Farm David Wilson und seine königliche Hoheit Prince Charles, der den Bauernhof ins Leben rief. Letzterer ist sich auch nicht zu fein dafür, auch selber mal Hand anzulegen. Ganz im Gegenteil.

Prince Charles wird gleich zu Beginn mit gelben Arbeitshandschuhen über den Fingern präsentiert. Gleich während er Geäst verbiegt, um "natürliche Hecken" herzustellen, erklärt er, er wolle mit diesem Bauerhof "demonstrieren, was möglich ist." Dies tut der Film ab dann mit weiteren Einsichten nicht nur in die Arbeit von Farmmanager Wilson und 'seinem' Prinzen, sondern auch mit Abstechern zu anderen Menschen, die mit dem Werdegang des Bauernhofes zu tun oder anderweitige Beiträge zu der Thematik leisten können. Dabei kommt es zu mitunter auch witzigen Bemerkungen, wie zum Beispiel wenn die in Sachen Umweltschutz sehr engagierete indische Wissenschaftlerin Dr. Vandana Shiva den Prinzen als 'schmutzigen Prinzen' bezeichnet, weil er so oft im landwirtschaftlichen Betrieb arbeitet, daher auch oft Erde unter den Fingernägeln hat und auch sonst immer schon ein ganz naturverbundener Kerl war. Und nicht nur in diesen Momenten gelingt es dem Film, den Prince of Wales in einem eher ungewohnten, ja für viele sogar überraschend anderem Licht als man vermuten würde darzustellen. Der Prinz- ein Mann aus dem Leben. [PHOTO,3]

Aber der Film ist keine Werbekampagne für Prince Charles und dieser arbeitet dort auch nicht bloß 'just for fun'. Vor allem zeigt 'Der Bauer und sein Prinz' was ökologisch nachhaltige Landwirtschaft bedeutet und warum diese in unserer heutigen Welt so wichtig ist. "So können wir nicht weitermachen: nehmen, aber nichts zurückgeben. Ich denke, dass ist das wesentliche: Das biologische System basiert auf Harmonie und Gleichgewicht... (In der herkömmlichen Landwirtschaft) heutzutage geben wir nichts zurück, wir nehmen nur. Wir erwarten, dass die Natur uns alles gibt, was wir wollen." moniert der britische Thronfolger an einer Stelle. An einer anderen präsentiert David Wilson ein paar leicht verformte Kartoffeln und erklärt, dass sie diese nicht verkaufen können, aber wenigstens den Rindern zum essen geben. Der Grund, warum sie sich nicht verkaufen? "Wir haben eine verwöhnte Gesellschaft, für die kosmetische Perfektion alles ist. Das ist wirklich ein gravierendes Problem." [PHOTO,4][PHOTO,5]

Eine Menge einfach schöner Bilder wird präsentiert: von Panorama-Aufnahmen des Bauernhofs in Cornwall und seiner idyllischen Umgebung bis hin zu Nah- und Detailaufnahmen von Schmetterlingen auf Ästen, schmatzenden Schweinen, grasenden Schafen und anderen Tieren, denen die Zufriedenheit irgendwie ins Gesicht geschrieben scheint. Diese Ansichten alleine sind bereits gute Argumente für das 'Organic Farming' und hinterlassen den Eindruck, dass dies doch die Art von Landwirtschaft ist, wie sie sein sollte. Eine Landwirtschaft, welche die Natur nicht beraubt oder ausnutzt, sondern mit ihr im Einklang funktioniert und sie sogar fördert. So werden auch selten gewordene Tierarten erhalten, sowie Getreide- und Obstsorten, die von der normalen Landwirtschaft weitestgehend ignoriert werden. David Wilson schaut sich an einer Stelle die Vielfalt der auf seinem Betrieb angebauten Apfelarten an. Als er die Namen der alphabetisch sortierten Sorten vorliest und man bald merkt, es sind nur die Sorten, die mit dem Buchstaben S beginnen, die hier gezeigt werden (während noch weitere Reihen von Apfelsträuchern links und rechts daneben stehen) realisiert man schnell, dass der Erhalt von einer größtmöglichen Vielfalt doch in unser aller Interesse sein sollte, vor allem weil all diese Sorten jetzt schon Gefahr laufen zu verschwinden. "Sterma Pippin, Summerland, Sunburn, Sungold, Sunrise, Sunset, ähm... Szabadkai Szercsika." liest er ab und gerät dabei selbst ins Schmunzeln, was diesem Moment dann doch wieder eine gewisse Komik verleiht. Ein lachendes und ein weinendes Auge sozusagen.

Diese Ambivalenz läuft wie ein roter Faden durch den Film und tut ihm sehr gut. Das Thema ist ernst und die hervorgebrachten Argumente sind hieb- und stichfest. Allerdings wird dabei übermäßige Melancholie vermieden, so dass der Film es schafft, eher den Samen für den Glauben an eine naturverbundenere Landwirtschaft zu pflanzen, anstatt den Zuschauer desillusioniert zurückzulassen.  'Der Bauer und sein Prinz' läuft ab heute (20. November) in ausgewählten Kinos und ist jedem, der sich auch nur halbwegs für die Thematik interessiert, durchaus zu empfehlen.  

Neu im Kino: Der Bauer und sein Prinz