Sexismus-Debatte bei Jauch: Alles bloß ein Brüderle-Scherzerle?

von Portrait von Karoline Sielski Karoline Sielski
Veröffentlicht am 28. Januar 2013

#Aufschrei bei Jauch. Wegen Brüderle hatte Jauch kurzfristig das Thema seiner Talk-Sendung geändert. Die Sexismus-Debatte ist aktuell so brisant, dass Günther Jauch lieber den "Herrenwitz" am gestrigen Sonntag bereden wollte und die Sendung "in Gottes Namen - wie gnadenlos ist der Konzern Kirche" stattdessen auf den 3. Februar verlegte. FDP-Politiker Rainer Brüderle, der neue Spitzenkandidat seiner Partei, brachte da ordentlich etwas ins Rollen. Der ältere Herr soll zu einer Stern Redakteurin laut Spiegel so etwas gesagt haben wie "Sie können ein Dirndl auch ausfüllen". Ein halbes Jahr soll das her sein, die Dame hatte sich daraufhin bedrängt gefühlt, nachts in einer Hotelbar. Die Vorwürfe an den Politiker lösten einen Skandal aus - was meinten die Jauch Gäste dazu?

Man könnte meinen, wenn Gäste wie Alice Schwarzer und Hellmuth Karasek, Wibke Bruhns und Netzaktivistin Anne Wizorek zu solch einem Thema geladen sind, dann fliegen die Fetzen und es werde heißblütig diskutiert, wie es denn um die Geschlechtersache in Deutschland stehe. So hitzig wie unter dem Hashtag #Aufschrei auf Twitter, initiiert von Wizorek, wurde die Debatte nicht, aber zwei Lager kristallisierten sich dennoch heraus. Hellmuth Karasek und Journalistin Wibke Bruhns Ansichten lassen sich wie folgt zusammen fassen: Wenn eine Frau einen Minirock trägt, muss sie auch damit rechnen, dass man ihr hinterher pfeift.

Anne Wizorek und Alice Schwarzer hielten dagegen, Stern-Chefredakteur Osterkorn gab den Frauenversteher und Silvana Koch-Mehring sprach immer wieder den allgemeinen, alltäglichen Sexismus an. Rainer Brüderles Spruch sei schließlich der Auslöser für die erneute Debatte, aber es gäbe da noch die Fragen jenseits des Spitzenkandidaten-Universums, so ihr Tenor. Wibke Bruhns meinte, die ganzen empörten Menschen, die sich nun auf zahlreichen Webseiten, eben auf Twitter und sämtlichen sonstigen Plattformen empört gegen Sexismus wenden, würden nun auch nichts bewegen können in Deutschland. Bruhns nannte sogar eine Zahl: 60.000 empörte Menschen. Wenn 60.000 Menschen in Deutschland so rein gar nichts bewegen können, dann kann eine Anti-Nazi Demo mit 10.000 Mann demnächst ja von Anfang an abgesagt werden, richtig? Bringt doch nix, oder? Wizorek konterte, wie Spiegel zitiert: "Wir sind doch nicht von den Bäumen heruntergekommen, um uns wieder dorthin zurückzuziehen."

Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Alice Schwarzer kämpfte sich auch in der Jauch Sendung weiter vor, in der Frage um das Geschlecht. Im Grunde vertritt sie die Meinung, man könne nunmal nicht auf den Status der stets hofierten Dame bestehen und gleichzeitig nach mehr Chancengleichheit schreien. Wenn, dann konsequent bleiben - echte Emanzipation kenne kein Geschlecht, aber soweit seien wir nunmal in Deutschland noch nicht, so analysiert Schwarzer. Ob Mann, oder Frau. Unaufhörlich hält sie deswegen eine Sexismus-Debatte in Deutschland für nötig - Jauch dagegen zuckte das ein oder andere Mal mit der Wimper. Der Spruch des Politikers als bloßes Brüderle-Scherzerle, als "Herrenwitz"? Jauch schien amüsiert über den Aufschrei, als ob sich alle nur laut über einen Altherrenwitz aufregen würden. Wenn es einzig und allein um einen Witz gehen würde, wäre die Diskussion allerdings schnell wieder vorbei. Im Gegensatz zu Schwarzer und Koch-Mehring, die immer weiter und weiter allgemeine Fragen angingen, kam er stets wieder auf die Sache mit Brüderle zurück. Was ist ein Kompliment - und was ist zu viel des Guten? Laut FAZ fragte er, ob er "Anne Wizorek nun eigentlich noch sagen dürfe, dass sie ein schönes Kleid trage."

Ja, wo sind sie denn, die Grenzen zum Sexismus? Gibt es da ein klares Schwarz und Weiß? Was meinen Sie?