Zeitloses Thema? "Michael Kohlhaas" im Kino

von Portrait von Lisa Siewert Lisa Siewert
Veröffentlicht am 12. September 2013

Wer einige von Heinrich von Kleists Novellen kennt, der weiß: Seine Figuren sind nie einseitig und vereinen oftmals widersprüchliche Eigenschaften. So auch „Michael Kohlhaas“, der von Kleist selbst als rechtsschaffend und gleichzeitig brutal bezeichnet wird. Eine Art Robin Hood – nur etwas düsterer. Nun wurde die Geschichte um den Pferdehändler Koolhaas, der sich zum metzelnden Freiheits-und Gerechtigkeitskämpfer entwickelt, verfilmt. Das Thema von "Michael Kohlhaas" wird oftmals als aktuell beschrieben, dabei kann es interessanterweise durchaus als ein zeitloses bezeichnet werden.

Im 16. Jahrhundert bekommen die normalen Leute immer wieder die Macht der Obrigkeit zu spüren. So auch der erfolgreiche Pferdehändler Michael Kohlhaas (Mads Mikkelsen), der von einem Baron um zwei Pferde betrogen wird. Aus diesem Vorfall, bei dem auch Kohlhaas Frau ums Leben kommt, entwickelt sich ein blutiger Kampf von Kohlhaas für Gerechtigkeit und  gegen die Mächtigen. Immer mehr Männer schließen sich Koolhaas an und hinterlassen eine Spur der Verwüstung und des Kampfes auf ihrem Weg. Viele Unschuldige fallen dem hasserfüllten Michael Kohlhaas zum Opfer, wobei man nicht weiß gegen wen genau er seinen Kampf eigentlich führt.

Kleist Novelle spielt eigentlich in Deutschland, der Regisseur Arnaud des Pallières entschied sich jedoch dafür seine Adaption nach Südfrankreich zu verlegen. Dies hat zur Folge, dass der Film durch die Landschaft eine beeindruckende und düstere Kulisse erhält. Die Filmemacher haben sich mit ihrer Version nah an dem Original von Kleist orientiert. Jedoch war Heinrich von Kleist für seine schnellen, am Rand des Verstehbaren Novellen bekannt, die gespickt von Paradoxen und Ironie für eine enorme Herausforderung des Lesers sorgten. Wer Kleist liest muss dies aufmerksam tun und seine Fantasie gebrauchen. Der Film von des Pallières kann zwar schöne Bilder und Emotionalität bieten und lässt auch einige Geschehnisse zum Anregen der Fantasie ungeklärt jedoch kommt er nicht an die Erzählgewalt des Schöpfers von „Michael Kohlhaas“ heran.

Apropos Sprache: Wer in seiner Schulzeit zahlreiche Novellen von Heinrich von Kleist lesen durfte und von der genannten Erzählgewalt eher überfordert war, den können wir beruhigen: Zwar wurden viele Dialoge aus der Novelle übernommen, jedoch wurde die Sprache insgesamt modernisiert und klingt nicht zu steif.

Die Besetzung von Michael Kohlhaas mit Mad Mikkelsen war durchaus eine gute Entscheidung: Der Schauspieler brillierte schon in Filmen wie „Adams Äpfel“ und spielt den soziopathischen Psychiater und Kannibalen Hannibal Lecter in der TV-Serie „Hannibal“. Mit widersprüchlichen Figuren kennt sich Mads Mikkelsen also aus. In „Michael Kohlhaas“ nehmen wir ihm die Mischung aus Trauer, Wut und festem Willen absolut ab.

Zeitloses Thema? "Michael Kohlhaas" im Kino

Viele Kritiken betiteln den Film als positiv ´zeitgemäß´. Wegen eines Mannes, der für seine Freiheit und Gerechtigkeit gegen die Mächtigen in seiner Gesellschaft kämpft. Jedoch damit zu argumentieren, dieser Plot wäre genau jetzt aktuell ist doch ein wenig zu weit hergeholt und eventuell übertriebene Werbung für den Film. Bewegungen von Freiheitsaktivisten und Gereichtigkeitskämpfern mit durchaus brutalen Mitteln gibt es schließlich nicht erst seit ein paar Jahren. Diese Handlung daher als ´zeitgemäß´ zu bezeichnen ist also etwas konfus: Wahrscheinlich hätte man unabhängig vom Erscheinungsjahr des Films auch in der Vergangenheit oder Zukunft immer Parallelen zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Diskussionen ziehen können.

Arnaud des Pallières hat mit der vierten Verfilmung von „Michael Kohlhaas“ einen soliden Film geschaffen, der Fans von Heinrich von Kleist, Gerechtigkeitskämpfern, französischer Landschaften und kontroversen Charakteren gerecht wird. Ab heute kann man sich „Michael Kohlhaas“ auf der Kinoleinwand anschauen.