Filmkritik: „Rum Diary“ - Vom amerikanischen Traum, Journalismus und...Rum

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 18. Januar 2013

1998 spielte Johnny Depp die Hauptrolle in „Fear And Loathing In Las Vegas“, einem Film, der auf dem Roman von Hunter S. Thompson basiert. Während der Dreharbeiten lernten Depp und Thompson sich kennen und wurden enge Freunde. Irgendwann besuchte Depp Thompson in seinem Landhaus und fand dort, in einem Raum, der mit Kisten und Kartons vollgestellt war, einen unveröffentlichten Roman, den Thompson geschrieben hatte, als er 20 Jahre alt war und für eine kleine Zeitung auf Puerto Rico arbeitete. Ohne dass Depp eine Zeile davon gelesen hatte, fing er mit Thompson an, über die Verfilmung zu sprechen. Der Titel des ersten - wenn auch sehr spät veröffentlichten - Romans war: „The Rum Diary“. Fast anderthalb Jahre nach der Premiere in den USA kommt der Film mit Johnny Depp, Aaron Eckhard, Amber Heard, Giovanni Ribisi und Richard Jenkins jetzt in den Handel.

Als Paul Kemp (Johnny Depp) 1960 nach Puerto Rico kommt, rechnet er gar nicht so fest damit, den Job beim „San Juan Star“ zu bekommen. Aber er ist der einzige, der sich für die Stelle bewirbt. Die restliche Redaktion ist ein Sauhaufen aus Säufern und Faulenzern. Allerdings ist Kemp das auch. Er meidet den Alkohol, wie er sagt - wenn er kann. Aber das kann er unter der Sonne der Karibik natürlich so gut wie nie. Als er von Sanderson (Aaron Eckhart) beauftragt wird, einen Werbeprospekt für eine geplante Hotelanlage auf der Nachbarinsel St. Thomas zu schreiben, lernt er nicht nur dessen junge, heißblütige Freundin Chenault (Amber Heard) kennen, sondern kommt auch ins Zweifeln, ob dieses Tropenparadies mit seinem ungezwungenen Lebensgefühl wirklich noch ein Hotel braucht, das amerikanische Investoren und Touristen anzieht. Währenddessen muss er auch um seinen Job als Redakteur fürchten, denn der „San Juan Star“ scheint kurz vor dem Bankrott zu stehen - kein Wunder, denn statt Journalismus hebt Chefredakteur Lotterman (Richard Jenkins) fast nur noch Anzeigen für die Investoren ins Blatt. Aber Kemp will versuchen, sowohl die Zeitung zu retten, als auch zu verhindern, dass die unberührten Strände künftig von Hotels und fetten amerikanischen Touristen verunstaltet werden. Und dann ist da noch Chenault...

Obwohl der Inhalt des Films nach einer relativ gradlinigen, klar strukturierten Geschichte klingt, ist sie das nicht. In „The Rum Diary“ passiert, genau wie in „Fear And Loathing In Las Vegas“, nicht viel; offensichtliche Konflikte gibt es kaum. Stattdessen trinkt sich Johnny Depp als Kemp durch die Tage und erlebt ein paar kleinere Eskapaden mit Kollegen und den Einwohnern von Puerto Rico. Wie auch in Vegas liegt die eigentliche Bedeutung des Films, die Moral, hier vergraben. Es ist erneut die Suche nach dem amerikanischen Traum und auch dessen Schattenseiten, die dem Zuschauer hier präsentiert werden. In San Juan hält der Kapitalismus Einzug, mit all seiner Ignoranz. Kemp sieht, dass dieses Paradies, in dem der amerikanische Traum theoretisch gelebt werden kann, kurz vor der Zerstörung steht und durch die Investoren ausgeschlachtet wird. Kemp, obwohl ein Antiheld, muss sich in seinen Jungen Jahren seiner Ideale bewusst werden und sie auch einsetzen. Letztlich ist „The Rum Diary“ eine Art verspätete Coming Of Age-Story - Kemp entwickelt im Kampf für seine Ziele seinen Charakter und legt seine anfangs noch verschütteten Wertevorstellungen frei. Das mag für manche Zuschauer zu wenig Handlung sein, aber „Fear And Loathing In Las Vegas“ ist schließlich auch Kult geworden. Allerdings ist „The Rum Diary“ lange nicht der Trip, wie es der Film von 1998 war. Der Trailer zum Film könnte da irritieren: „The Rum Diary“ hat nichts mit Filmen wie „Hangover“ gemein.

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Schauspielerisch erfindet sich Depp nicht neu und beschränkt sich gelegentlich ein wenig zu sehr aufs Grimassenschneiden. Aus der Masse heraus ragt Giovanni Ribisi als Moberg. Auch Michael Rispoli, der sonst eher als Nebenrolle gecastet wird, ist erwähnenswert. Sehr austauschbar bleiben dagegen Amber Heard und Aaron Eckhart.

Ein wenig störend ist, dass Johnny Depp nicht seine gewohnte Synchronstimme hat - und die Synchronisation allgemein etwas stümperhaft ausgefallen ist. Man gewöhnt sich aber im Laufe des Films daran. Wer eine Umsetzung erwartet, die sich dicht an die ausschweifende literarische Vorlage hält, könnte enttäuscht sein: Der Film transportiert - natürlich - nur einen Teil der Ereignisse und der Atmosphäre und bemüht sich auch mehr um Stringenz und einen konventionellen Spannungsbogen, als es die Romanvorlage tat. Sehr gut hat Regisseur Bruce Robinson es hinbekommen, auf dem schmalen Grat nicht abzurutschen, der zwischen der konfus fesselnden Romanvorlage und den Anforderungen an die Erzählstrukturen eines konventionellen Kinofilmes liegt.

In den Handel kommt „The Rum Diary“ am 18. Januar 2013. Als Bonusmaterial gibt es Trailer, die B-Roll und eine Reihe Interviews, die sich aber auf das übliche Gelobhudel von Cast und Crew beschränken. Eine tolle Doku über den schillernden Autor des Romans wäre angebracht gewesen, fehlt aber leider. Immerhin gibt es ein Wendecover.

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