Hexenjagd in den Medien - Wie Lance Armstrong ungerechtfertigt in die Kritik gerät

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 31. Januar 2013

Lance Armstrong hat es nicht leicht: Nach seinem Doping-Geständnis bei Oprah Winfrey geriet er ins Kreuzfeuer, weil er keine Informationen preisgab, die über das hinausgingen, was in dem USADA-Bericht stand. Armstrong verpfiff keine Kollegen - und erntete für seine Integrität nur Kritik. Gestern veröffentlichte der Onlinedienst cyclingnews ein Exklusiv-Interview mit dem gefallenen Radsportprofi - und erneut gerät er in die Kritik, obwohl er nichts gesagt hat, worüber man sich aufregen müsste. Das merkwürdige daran: Selbst seriöse Medien, auch in Deutschland, ziehen seinen Namen weiter durch den Dreck.

Aber was hat Armstrong denn tatsächlich in jenem Interview gesagt? Eigentlich nur, dass im Radsport Touren schon immer nach Möglichkeiten gesucht wurde, gegenüber seinen Mitstreitern einen Vorteil zu bekommen - vor 100 Jahren überbrückten manche Fahrer einzelne Etappen mit Zügen und heute würde eben gedopt werden. Wahre Worte, die der ehemalige siebenfache Tour de France-Gewinner spricht. Kein Grund zu titeln, er würde weiterhin „keine Reue“ zeigen und ehemalige Radsportgrößen „anklagen“, wie es bspw. Stern und Süddeutsche taten. Armstrong konstatiert lediglich, und das lässt sich nicht von der Hand weisen, dass es schwarze Schafe schon immer gab - auch in den Generationen anderer Radsportgrößen. Auch fordert Armstrong keine Amnestie für gedopte Radsportprofis. Er machte lediglich darauf aufmerksam, dass ohne eine Amnestie kaum jemand vor einer „Truth and Reconciliation Commission“ aussagen wird. Auch das ist wahr. Gefordert hat er gar nichts.

Zwar nennt Armstrong auch in jenem Interview keine Namen von Kollegen, die seinerzeit Dopingmittel benutzten, aber er begründet es auch:

„Ich war [bei Oprah Winfrey] um über mich selbst zu sprechen, über meine Erfahrungen, meine Fehler - und sonst über niemanden. Ich weiß, das läuft allem entgegen, was in den letzten paar Jahren im Radsport so üblich geworden ist, aber ich bekenne mich nur zu meinen eigenen Fehlern. Ich bin ein großer Junge und verpfeife keinen.

Ja, Lance Armstrong ist ein Lügner. Ja, Lance Armstrong ist ein Betrüger. Ja, er war ein Superheld, der sich als Schurke herausstellte. Wir selbst titelten ihn den „größten Betrüger der Sportgeschichte“. Aber trotzdem sollte man fair bleiben und ihm keine Forderungen und Anklagen in den Mund legen, nur weil er Klartext spricht.