Denzel Washington und die dunkle Seite: „Flight“ spielt seinem Helden ins Blatt

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 25. Januar 2013

Seit gestern läuft Denzel Washingtons neuer Film in den deutschen Kinos. Der Zuspruch ist wie immer recht groß, zumal Altmeister Robert Zemeckis sich endlich mal wieder einem Film gewidmet hat, der nicht ganz oder zum überwiegenden Teil animiert ist. In seinem letzten „Live Action“-Film musste Robert Zemeckis auch schon ein Flugzeug abstürzen lassen - das war vor inzwischen fast 13 Jahren in „Cast Away - Verschollen“. Auch jener Absturz war sehr realistisch gehalten - und der in „Flight“ wird auch wieder hoch gelobt. Was noch viel mehr gelobt wird, ist jedoch die schauspielerische Leistung vom Helden des Films, Denzel Washington.

Denzel Washington und die dunkle Seite: „Flight“ spielt seinem Helden ins Blatt

Fünfmal schon war Washington für den Oscar nominiert; zweimal hat er ihn bisher gewonnen - das letzte Mal vor über zehn Jahren für seinen ebenfalls zwiespältigen Charakter in „Training Day“. Für seine Darstellung des trunksüchtigen Piloten Whip Whitaker in „Flight“ hat er die sechste Nominierung bekommen. Seine Chancen stehen gut - bisher war Washington immer dann nominiert, wenn er jemanden spielte, der Opfer seiner Hautfarbe wurde, oder eine Ikone der Schwarzenbewegung war - Malcolm X, Rubin Carter, etc. Bei dieser Art von Filmen war er viermal nominiert, hat aber nur einmal gewonnen - als er 1989 in „Glory“ einen Soldaten im Bürgerkrieg spielte. Als er aber von der Gutmensch-Schiene wechselte und 2002 einen undurchsichtigen Cop mit fragwürdiger Moral spielte, gewann er den Oscar sofort. Auch für „Flight“ muss Denzel Washington einen arg fragwürdigen Charakter spielen, der Züge eines Helden aufweist: Durch ein waghalsiges Flugmanöver fängt er eine abstürzende Passagiermaschine ab und rettet so 96 Menschen das Leben. Der Haken: Er hatte Marihuana, Kokain und auch Alkohol im Blut - das alles hatte er kurz vor dem Flug zu sich genommen, als er mit roten Augen und völlig verkatert in einem Hotelzimmer aufwachte. Der Absturz war nicht seine Schuld, trotzdem wird er von den Medien, die ihn anfänglich zum Helden erklärten, jetzt zum großen Buhmann gemacht.

Das Thema an sich ist nicht neu - schon 1975 in „Hundstage“ und dem sehr ähnlichen „Mad City“ von 1997 wurden Al Pacino und John Travolta Opfer der medialen Meinungsmache. Aber „Flight“ ist nicht nur kaschierte Sozialkritik, sondern auch ein packendes Drama und ein Justizthriller. Vielschichtige Filme brauchen eben vielschichtige Helden - und Denzel Washington gehört definitiv zu jenen, die ihren Figuren Tiefe verleihen können.

Der mit relativ kleinem Budget gedrehte „Flight“ hat seine 31 Millionen Dollar in den ersten Wochen recht schnell wieder eingespielt - lange bevor der Film in umsatzstarken Kinoländern wie Japan, Russland, Frankreich und nicht zuletzt Deutschland anlief. Ob „Flight“ sein Prestige noch weiter steigern kann und neben dem Oscar für den besten Hauptdarsteller vielleicht auch den Oscar für das beste Original-Drehbuch gewinnt, zeigt sich Ende Februar.