Weil Papst-Satire angeblich zu weit ging: CSU-Politiker will Pressefreiheit „nachjustieren“

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 12. Juli 2012

Das Satiremagazin „Titanic“ hat mit dem Titelbild der Juli-Ausgabe eine Debatte losgetreten. Das Cover zeigt Papst Benedikt XVI. mit einem gelben Fleck auf der Soutane. Das Motiv spielt auf den so genannten Vatileaks-Skandal an, bei dem es um Korruptionsvorwürfe im Vatikan und geheime Dokumente geht. Der Papst was not amused und ließ die weitere Verbreitung der Ausgabe kurzerhand verbieten. Die einstweilige Verfügung war am Dienstag vom Landgericht Hamburg erlassen worden. Das Magazin war seit der Erstausgabe 1979 schon achtmal von der Römisch-Katholischen Kirche verklagt worden, davon viermal wegen Verunglimpfung des Papstes.

„Titanic“ versuchte sich zunächst herauszureden - es handele sich bei dem gelben Fleck natürlich nur um Fanta! Dennoch lenkte Chefredakteur Leo Fischer ein und änderte das Titelbild auf der „Titanic“-Webseite. Das war allerdings nur eine vorläufige Maßnahme. Wie „Spiegel Online“ berichtet, legt das Satiremagazin nun Widerspruch gegen die Verfügung ein:

Noch vor dem Wochenende werde die Anwältin der „Titanic" Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung des Hamburger Landgerichts einlegen, teilt Chefredakteur Leo Fischer in Frankfurt am Main mit. „Wir werden sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen und notfalls bis zum Jüngsten Gericht ziehen", sagt Fischer. mehr...

Inzwischen ist die öffentliche Debatte so weit, dass der CSU-Politiker und Sprecher der Christsozialen Katholiken (CSK) Thomas Goppel sich darüber mokiert, dass in Deutschland zu frei mit dem Journalismus umgegangen wird. So ginge man mit Menschen nicht um, besonders nicht mit dem Papst, jammert Goppel. Außerdem sei Chefredakteur Fischer seines Berufes nicht würdig; so jemandem würde er die Lizenz zum Schreiben entziehen. Das Medienmagazin DWDL berichtet

[Goppel sagt:] „In den Fällen allerdings, in denen wissentlich verleumdet wird und, um nicht angreifbar zu sein, auf das unbegrenzte Recht der Satire verwiesen, reichen unsere heutigen Maßnahmen zur Herstellung der Integrität der zu Unrecht Beschuldigten nicht aus." Nun will Goppel offensichtlich eine Debatte über die Art und Weise, wie in Deutschland Journalismus im Hinblick auf Persönlichkeitsrechte betrieben wird, anstoßen. „Das Nachdenken darüber will ich in Gang setzen und wiederhole deshalb die Aufforderung, hier geltendes Recht nachzujustieren“, sagte Goppel auf DWDL.de-Nachfrage. mehr...

Herr Goppel fordert also, die Pressefreiheit ein bisschen zu beschneiden. Satire hat ja immerhin ihre Grenzen. Oder? Nein, hat sie nicht! Wer anfängt, eine Frage des guten Geschmacks zu einer Frage des Rechts zu machen, riskiert, die in Deutschland herrschende Pressefreiheit nur dann gelten zu lassen, wenn es grade allen passt. Damit aber würde man den Sinn der Demokratie völlig untergraben. Wo man unbequeme Meinungen verbieten und Kritiker (und Satiriker) mundtot machen kann, herrscht nicht die so hart erkämpfte Freiheit, sondern eine Diktatur.

Filmisch wurde das Thema „Kann man Pressefreiheit beschneiden, wenn scheinbar alle es wollen?“ in „Larry Flynt - Die nackte Wahrheit“ umgesetzt. Darin geht es um Larry Flynt, den Herausgeber des noch heute erscheinenden Porno-Magazins „Hustler“, der einen unflätigen Artikel über einen kirchlichen Amtsträger brachte. Aus dem Film stammt auch folgendes Zitat, dessen Thema ist, ob der Hustler eine pornografische Verunglimpfung des „Zauberer von Oz“ bringen sollte:

Ein Redakteur: „Manche Dinge sind heilig!“

Larry Flynt: „Halt die Klappe!“

Das Titelblatt der „Titanic“...

4 11%

24 67%

7 19%

1 3%
Total: 36 Votes