Kapitalismus-Kritiker José Luis Sampedro gestorben

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 10. April 2013

96 Jahre ist José Luis Sampedro Sáez alt geworden. Seinen ersten Roman hatte er mit 23 Jahren, das war 1940, fertig gestellt. Elf weitere sollten Folgen, der letzte 2011. Dazu kommen ein paar Erzählungen und neun Fachbücher über Wirtschaft - denn das war sein eigentlicher Beruf. In den 50er und 60er Jahren hatte er Wirtschaftsstruktur an der Universität Complutense in Madrid unterrichtet. Er arbeitete auch als Wirtschaftsberater und war unter General Franco Berater des Handelsministeriums, bevor er nach Francos Tod Senator wurde. Politisch wollte er sich aber nie wirklich zuordnen lassen. Ein Konservativer, ja, aber auch Geistesvater der „Indignados“, der „Empörten“ und vehementer Kritiker des Kapitalismus und des damit einhergehenden Werteverfalls. Der Stern zitiert ihn in einer Rede von 2011:

„Es geht zu Ende. [...] Werte wie Solidarität, Gerechtigkeit und Würde geraten in Vergessenheit. Die Korruption rührt daher, dass die Regierenden sich zum Verkauf anbieten. Der Kapitalismus verwandelt alles in eine Ware. Das Geld zum höchsten Wert zu machen, führt uns in die Katastrophe.“

Nach Stéphane Hessel war er der andere große Humanist Europas, der sogar das Vorwort zur spanischen Version von Hessels Streitschrift „Empört Euch!“ verfasste. „Empört Euch!“ verfechtet den Pazifismus und verteufelt den Finanzkapitalismus und hatte vor zwei Jahren wegen des aufgebrachten, polemischen Stils für Aufsehen gesorgt. Sampedro prognostizierte das Ende unserer Gesellschaft durch die fortschreitende technologische Entwicklung und den Austausch von ethischen Tugenden durch materielle Gier.